Die Vorsitzenden der Aufsichtsräte der größten börsennotierten Unternehmen Österreichs haben im vergangenen Jahr deutlich besser verdient - "völlig zu Recht", sagt Michael Kramarsch, Partner der Unternehmensberatung hkp-Group. Denn im internationalen Vergleich seien die Aufsichtsratsvergütungen in Österreich noch immer relativ niedrig, "bescheiden wäre noch ein nettes Wort dafür", so Kramarsch.
Die Aufsichtsratschefs der 20 im wichtigsten österreichischen Index ATX vereinten Firmen haben im Vorjahr im Schnitt 92.112 Euro verdient, um 7 Prozent mehr als im Jahr davor. Dabei hat hkp zur Berechnung des Durchschnitts nur die jeweils ganzjährig tätigen AR-Vorsitzenden berücksichtigt. Betrachtet man die Entwicklung von 2014 bis 2018, so ergibt sich eine jährliche Steigerung von 10,1 Prozent.
Lenzing vor Erste Group
Die höchsten Gagen erhielten, wie schon im Jahr davor, Lenzing-AR-Chef Hanno Bästlein, der laut hkp 223.500 Euro kassierte, und Friedrich Rödler von der Erste Group mit 210.000 Euro. Mit einigem Abstand folgt RBI-Aufsichtsratschef Erwin Hameseder (151.000 Euro). Am unteren Ende des Spektrums lagen Norbert Zimmermann bei Schoeller-Bleckmann und Ruguang Geng bei FACC, die für ihre ganzjährige Tätigkeit mit 35.000 Euro entlohnt wurden.
Der Vergleich sei nicht ganz einfach, erklärte Kramarsch im Gespräch mit der APA. "Denn das österreichische Gesetz erlaubt, dass die Aufsichtsratsvergütung entweder in der Satzung festgehalten, oder einmal auf der Hauptversammlung beschlossen wird und dann immer nur wieder wenn es Änderungen gibt. Es gibt aber auch die Möglichkeit, dass die Hauptversammlung die Aufsichtsratsvergütung im Nachhinein festlegt." Daher würden einige Unternehmen auch die Vergütungen aus dem letzten Jahr ausweisen, "das ist international eine unterirdische Ausweispraxis, die wird sich auch ändern müssen".
Bescheidene Gagen
Nach Ansicht von hkp sind die Aufsichtsratsgagen in Österreich in Relation zum Vorstand, zu Tagsätzen von Spitzenanwälten oder Beratern noch immer "sehr bescheiden", und das sei deshalb relevant, weil gute Leute auch Opportunitätsbetrachtungen anstellen würden. Natürlich sei es eine Ehre, Aufsichtsratsvorsitzender eines ATX-Unternehmens zu sein, "aber es ist mir viel lieber, es macht jemand wegen eines anständigen Honorars, als weil er der Jagdfreund ist".
Der Frauenanteil in ATX-Aufsichtsräten liegt im Durchschnitt bei 24 Prozent und somit auf einem ähnlichen Niveau wie in vergleichbaren deutschen Unternehmen. Vorgeschrieben ist laut Aktiengesetz für die Aufsichtsräte börsennotierter Unternehmen ein Frauenanteil von 30 Prozent. "Bei jeder anstehenden Neuwahl muss diese Quote erreicht werden, weil sonst das Wahlergebnis nichtig wäre", erklärte Kramarsch. "Es muss sich kein männlicher Aufsichtsrat Sorgen machen, dass er wegen der Frauenquote gefeuert wird, er wird aber möglicherweise, wenn im Unternehmen die Quote nicht erreicht ist, nicht wiedergewählt werden."