Ist die geplante Schließung der AUA-Crew-Basen in den Bundesländern nur ein erster Schritt, der den weiteren Rückzug der Airline von den kleinen Flughäfen einläutet? Im Wiener Salon der Kleinen Zeitung hat AUA-Chef Alexis von Hoensbroech viele Überraschungen im Gepäck. Etwa, dass er aus Überzeugung im Sinne des Erfolgs für alle 7000 AUA-Mitarbeiter der Alexis ist. Oder als Astrophysiker in fünf Minuten erklärt, wie die Galaxien entstanden sind und warum die Sterne leuchten. Oder dass er sich halb im Jux bei der ESA als Astronaut beworben hat.

Als besonderes Highlight für die Kleine Zeitung ist auch für Kärnten etwas dabei. Es ist etwas sperriger, heißt „Public Service Obligation“ und funktioniert in vielen EU-Ländern auf Flughäfen, die wenig Passagiere haben, aber Anbindung brauchen. Die Region stellt Geld auf, lädt Airlines zu einer Ausschreibung ein. „Wer den Zuschlag kriegt, der fliegt“, so der 48-jährige AUA-Chef.

Adressiert ist der Vorschlag vorderhand an Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ), weil er die AUA wegen der Crew-Basen und angeblicher Flugplanausdünnungen massiv kritisiert hatte. „Die Heftigkeit hat mich überrascht“, erzählt von Hoensbroech vor prominentem Publikum. „Warum sind alle anderen Airlines weg? Wir und Eurowings sind geblieben. Mit uns sollte man anders umgehen, statt uns zu verhauen.“ Über Geld, wie viel die AUA für Klagenfurt verbrennt, spricht von Hoensbroech nicht. Die Beträge könnten in die Millionen gehen. Die ganz kurzen Strecken hat die AUA schon lange im Visier, kooperiert deshalb mit der Bahn, wo es geht. Linz ist ein Erfolgsmodell, Salzburg möglicher Folgekandidat, Graz ist außer Diskussion, auch weil das Geschäft gut läuft.

"Weder ökonomisch noch ökologisch sinnvoll"

AUA-Chef Alexis von Hoensbroech im Gespräch mit Kleine-Zeitung-Chefredakteur Hubert Patterer
AUA-Chef Alexis von Hoensbroech im Gespräch mit Kleine-Zeitung-Chefredakteur Hubert Patterer © KLZ/Jürgen Fuchs

„Kurze Strecken sind weder ökonomisch noch ökologisch sinnvoll“, sagt von Hoensbroech ohne hör- und spürbare Verrenkung. „Aber 8000-Kilometer-Flüge kann ich nicht ersetzen.“ Auch in dieser Frage stimmt er Kleine-Zeitung-Chefredakteur Hubert Patterer zu: „Ja, die Bahn ist zu teuer und Fliegen zu billig.“ Ein Blanko-Ticket für neue Steuern auf Kerosin sieht der gebürtige Rheinländer darin nicht, weil die Luftfahrtindustrie ihre Infrastruktur selbst zahle – im Gegensatz zu Bahn und Straße.Einen Verrat von Jugendidealen ortet von Hoensbroech nicht, wenn er heute die AUA steuert. Als Physikstudent in Bonn hatte von Hoensbroech einen Verein zur Förderung der ökologischen Verantwortung gegründet. „Eine gewisse Sensibilität ist doch von Vorteil“, kontert er.
Der Vater von fünf Kindern reagiert auf das Thema CO2-Steuern zumindest nicht mit Abwehrreflex. Voraussetzung sei ein geschlossenes System wie die EU. Wettbewerbsverzerrungen, ein Unterlaufen durch Nicht-EU-Airlines müssten unterbunden werden. „Und dann prüfe man bitte, was in unserer Industrie noch so abgegriffen wird an Steuern und Abgaben“, fordert er. Globale Märkte seien dagegen nicht lokal regulierbar.

Wie sich eine Kerosinsteuer auswirken würde

Wie eine Kerosinsteuer wirkt, hat Brüssel offenbar schon in einer Studie untersucht, sickerte am Montag ungeplant durch. Ein Preisanstieg um zehn Prozent sei die Folge, heißt es darin. Der errechnete Durchschnittspreis von 333 Euro wäre zumindest von den Lockpreisen der Billig-Airlines meilenweit entfernt. Die Zahl der Reisenden würde der Studie zufolge um elf Prozent auf 613 Millionen sinken.

Tatsächlich erwartet die weltweite Organisation der Industrie, die IATA (International Air Transportation Association), eine Verdoppelung der Passagierzahlen bis 2035, bereitet die Airlines auch mit Digitalisierung darauf vor. Neben modernsten Jets müssten auch Wiederaufforstungsprojekte zum selbst gesteckten IATA-Ziel beitragen, das Wachstum ab 2021 ohne CO2-Mehrausstoß zu schaffen, erklärt von Hoensbroech. „Die Luftfahrt ist wahrscheinlich der letzte Ort, wo man vom Treibstoff wegkommt“, schürt er keine Illusionen. Dem möglichen Umkehrschluss „Fliegen ist böse“ setzt er entgegen: „Reisen ist ein Grundbedürfnis, macht die Welt ein Stück besser.“

Sparprogramm

Wenn der einstige Hobby-Segelflieger vielleicht eine gewisse Demut braucht, um die AUA nach 60 Jahren auf einen grünen Zweig zu bringen, dann hat er die spätestens seit einer monatelangen Weltreise nach dem Studium verinnerlicht. „Ich hatte kein Geld. Schon fünf Dollar für ein Guest House waren zu teuer mich.“ Der AUA verordnet er gerade ein Programm, das durch Digitalisierung 30 Millionen Euro Systemkosten jährlich spart. Rigidem Sparen fällt nicht zuletzt der Gratis-Flug New York–Wien für den Lifeball zum Opfer. Im Konzern sei man eher enttäuscht von der AUA. „Die hat sich bei Weitem nicht so entwickelt, wie man das erhofft hatte.“ Für die aktuelle Sondersituation durch die Billigflieger habe Frankfurt aber Verständnis. „Ein Stück weit drückt der Konzern ein Auge zu.“