Vor drei Woche noch ließ Amazon-Chef Jeff Bezos die Libelle in die Lüfte Kaliforniens steigen, gestern erreicht das Tier Wien. Wobei: eigentlich wirbelt in der Marx Halle keine Libelle, sondern ein einer Libelle nachempfundener BionicOpter.
Mitgebracht hat ihn Frank Melzer, Technikvorstand des deutschen Automatisierungsriesen Festo und wichtiger industriepolitischer Berater von Angela Merkel. Anlass für die Hightech-Flugshow bietet das 4Gamechangers-Festival, bei welchem „ProSiebenSat.1 Puls 4“ bis Donnerstag digitale Themen ins Diskurszentrum stellt.
Und Frank Melzer hat einige diskussionswürdige Thesen im Gepäck. So sieht er Europa in Sachen „Industrie 4.0“, also der industriellen Verschmelzung von Datenwelt und physischen Anlagen, auf technologischer Augenhöhe.
Einzig im digitalisierten „Konsumenten-Bereich“, dominiert von Google, Apple oder Alibaba, liege der Kontinent „hinter den USA und China“. Betont positiv bewertet Melzer eine der meistdiskutierten Technologien: „Künstliche Intelligenz, KI, wird dem Menschen Zeit zurückgeben“.
Auf der kleineren Bühne, der kinosaalartig aufgebauten „Deep Dive Stage“, stellen Start-ups ihre Geschäftsmodelle vor, KI spielt fast überall zentrale Rolle. Etwa bei myBioma, das die Technologie nutzt, um für Kunden Milliarden von Darmbakterien zu analysieren. Twinster wiederum entwickelt einen Algorithmus, der die perfekte Online-Bestellung von Kleidung ermöglichen soll. Basierend auf 3D-Körperscans der Nutzer werden Hosen oder T-Shirts von unterschiedlichen Marken in „wirklich passenden Größen“ angeboten.
"Ethischen Hintergrund" bedenken
Und weil der Festival-Dienstag am 4Gamechangers im Zeichen der besonders dynamischen Jungunternehmen, der Start-ups, stehen soll, geht es auch auf der Hauptbühne rasant zu. Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer etwa kündigt einen „eigenen Fonds für radikale Innovation“ an.
Schnellen Schrittes huscht zuvor Georg Kapsch auf die rosa ausgeleuchtete Bühne. Dort findet der Chef von Österreichs Industriellenvereinigung differenzierte Worte. „Change, der Wandel, kann gut sein und Kreativität entfalten“, beginnt der Unternehmer langsam. „Er kann aber auch zerstören.“ Deswegen solle man „Disruption“ nicht starr verherrlichen, sondern auch an den „ethischen Hintergrund von Wandel“ denken.