Nun ist es also so weit. Weil EU-weit die Bemühungen für eine große, systemische Digitalsteuer vorerst scheiterten, nimmt Österreich das Heft selbst in die Hand. Konkret hat der Ministerrat drei Maßnahmen beschlossen, die von Finanzminister Hartwig Löger vorgestellt wurden: eine Abgabe von fünf Prozent für Onlinewerbung, eine verpflichtende Datenweitergabe für touristische Vermittlerplattformen und den Wegfall der Umsatzsteuerbefreiung im Versandhandel aus Drittstaaten. Aber alles der Reihe nach.
Die Abgabe auf Online-Werbung etwa betrifft internationale Konzerne mit mehr als 750 Millionen Euro Jahresumsatz oder 25 Millionen Euro Umsatz in Österreich und zielt vor allem auf Google und Facebook ab. Aber: Fraglich ist, ob die Konzerne keimende Mehrkosten nicht einfach auf Werbekunden abwälzen. Schon nach der ersten Bekanntmachung der Pläne schrieb die „Neue Züricher Zeitung“, dass die „Google-Steuer ebenso wenig automatisch von Google“ geschultert werden würde, „wie die Hundesteuer von Hunden gezahlt wird“.
Konzerne könnten Kosten abwälzen
„Wer tatsächlich Steuerträger ist, hängt letztlich von der Elastizität der Nachfrage ab“, fügt auch Michael Tumpel, Digitalsteuerexperte an der Johannes-Kepler-Universität in Linz, ein Fragezeichen hinzu. Können es sich die Konzerne also ob ihrer Dominanz leisten, die Kosten abzuwälzen, werden sie das auch tun.
Die zentrale Frage ist aber ohnehin: Wie will das Finanzministerium herausfinden, wie viel Google, Facebook und Co. in Österreich mit Werbung verdienen? Im Ministerium vertraut man darauf, dass die besagten Konzerne – mit Sitz in Irland – die Zahlen schon bekannt geben werden. Anhand der Angaben aus der Umsatzsteuer gäbe es auch eine grobe Schätzung. Und falls nicht kooperiert wird, wolle man Amtshilfe von Irland verlangen. Im äußersten Fall könnte Österreich über eine sogenannte „Vollzugshilfe“ in Irland „die Steuerschuld auch eintreiben“, wie es aus dem Finanzministerium heißt.
Airbnb beruft sich auf Datenschutz
Mit der Verpflichtung zur Datenweitergabe für Vermittlungsplattformen will die Regierung wiederum Airbnb an die Kandare nehmen. Informationen zu Vermietern müssen dem Finanzministerium künftig gemeldet werden und so für mehr Einnahmen bei Umsatz- und Einkommenssteuer sorgen. Die Daten will das Ministerium wiederum den Kommunen weiterleiten, damit diese Ortstaxe einheben können. Weigern sich die Plattformen, die Daten herauszugeben, würden sie selbst zur Kasse gebeten. Einzig: Schon bisher weigerte sich Airbnb, Daten herauszugeben und berief sich dabei stets auf den Datenschutz. Ein langer Rechtsstreit könnte die Folge sein.
Der dritte Teil des Pakets klingt unspektakulär, birgt aber das größte Steuerpotenzial. Im internationalen Onlinehandel galt bisher eine Umsatzsteuerbefreiung für Pakete mit einem Wert unter 22 Euro. Vor allem bei chinesischen Versandhändlern wie AliExpress wurde deswegen oft einfach ein niedrigerer Warenwert angegeben. Bei kleinen Versendern galt zudem eine jährliche Lieferschwelle von 35.000 Euro, erst ab diesem Wert wurde in Österreich versteuert. Beides fällt, versteuert wird nun ab dem ersten Cent. Noch wichtiger: Verantwortlich dafür ist die Plattform, nicht der Versender.
Rund 200 Millionen Euro erwartet sich jedenfalls die Regierung durch die drei Maßnahmen. Ein Wert, den Martin Kocher, Chef des Instituts für Höhere Studien, für „sehr optimistisch“ hält. Auch die Opposition spart nicht mit Kritik. Andreas Schieder, SPÖ-Spitzenkandidat bei den Europawahlen, spricht von einem „Marketing-Gag“. Für Bruno Rossmann von der Liste Jetzt habe das vorgestellte Paket nichts mit einer Digitalsteuer zu tun, Neos-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn fürchtet, dass die Werbeabgabe vor allem heimische Unternehmen treffen werde.