Der Trend beim Kauf von Medikamenten geht auch in Österreich immer stärker in Richtung online. Zum Leidwesen vieler niedergelassener Apotheken und ihrer Standesvertretung, der Apothekerkammer.
Vor einem Jahr klagte die Kammer die bekannteste Onlineapotheke in Österreich.Die Plattform Shop-Apotheke verschleiere, so der Vorwurf, dass sie ein niederländisches und kein österreichisches Unternehmen sei. Die Entscheidung des Wiener Landesgerichtes für Zivilrechtssachen lässt auf sich warten, doch wurde eine von der Kammer beantragte einstweilige Verfügung nicht erteilt.
Rezeptfreie Medikamente sind lukrativer
„Das Gericht ist der Auffassung, als Konsument könne man sehen, dass es sich um eine niederländische Firma handelt“, erklärt Gerhard Kobinger, Mitglied des Kammerpräsidiums. Er bleibt dabei: „80 bis 90 Prozent der Verbraucher halten die Shop-Apotheke wohl für eine Apotheke aus Österreich.“
Die Kammer macht kein Hehl daraus, dass sie kein Freund des Versandhandels ist. Im Web geht es zwar nur um rezeptfreie Präparate, doch sie versprechen höhere Margen – und so sieht mancher Apotheker seine Felle davonschwimmen.
Starke Dominanz auf wachsendem Markt
Der Onlinemarkt ist mengenmäßig mit 12 bis 13 Prozent in Deutschland und 3 bis 5 Prozent in Österreich noch überschaubar, doch er wächst schnell – jährlich um 12 Prozent. Hinzu kommt eine hohe Konzentration auf wenige Anbieter. Den 1400 niedergelassenen Apotheken stehen rund 60 Onlineshops gegenüber – wenige große und viele kleine. Shop-Apotheke hält einen geschätzten Marktanteil von 50 Prozent, was in der Branche auf die massive Werbetätigkeit zurückgeführt wird.
Der Abfluss der Wertschöpfung ins Ausland ist ein weiterer Grund, warum die Kammer gegen Shop-Apotheke vorgeht. Bereits einmal wurde versucht, mit Apodirekt.at dagegenzuhalten. Das Click- und Collectsystem (Produkte online wählen und in der Apotheke abholen) war kein Erfolg und wurde Ende Juni 2017 wieder eingestellt.
Apotheker starten neuen Versuch
Nun schmiedet die Kammer neue Pläne, wie Kobinger der Kleinen Zeitung sagt: „Wir werden es noch einmal probieren. Die Vorbereitungen sind im Gange.“
Geplant sei kein Versand von Arzneimittel, sondern eine Zustellung „im Umfeld der Apotheke“. Aufgebaut werden müsse dafür eine Plattform wie bei einem Onlineshop. Kunden sollen Produkte in den Warenkorb legen und anschließend wählen können, von welcher Apotheke sie die Zustellung wünschen.
„Es wird nicht die Rabatte geben wie bei Onlineapotheken, da einzelne Apotheken nicht diese Marktmacht haben“, sagt Kobinger. „Wir werden nicht günstiger, dafür aber schneller sein“, da die Zustellung in ein bis zwei Stunden erfolgen könne. Einziger Haken – die Kammer steht relativ am Beginn des Projekts und will in etwa einem Jahr starten.
Österreichische Apotheke, Sitz in Brünn
„Vonseiten der Konsumenten sollte es gegen uns keine Bedenken geben“, sagt hingegen Marco Vitula, Mitgründer und Geschäftsführer der Onlineapotheke Vamida. Mit geschätzt 15 Prozent Anteil ist sie die Nummer zwei in Österreich, betreut nach eigenen Angaben 200.000 Kunden, versendet im Monat 10.000 Pakete und wuchs 2018 um 25 Prozent, also doppelt so stark wie der Markt.
Seit 2018 ist eine Wiener Apothekerfamilie Hauptgesellschafterin. Warum sich der offizielle Sitz in Brünn, Tschechien, befindet, erklärt Vitula so: „Als wir 2012 gestartet sind, war der Versand in Europa, aber noch nicht in Österreich erlaubt. Daher versenden wir aus Brünn.“
Preisdruck auf Hersteller
Der Webshop ist aber in Wien. „Wir kaufen und verkaufen ausschließlich Produkte österreichischer Großhändler und Hersteller.“
Seit dem Start mit Vamida beobachtet Vitula, „wie Apotheker Druck auf Hersteller ausüben, damit Versandapotheken schlechtere Preise bekommen. Man versucht mit vielen Mitteln, uns das Leben schwer zu machen.“ Dabei glaubt Vitula nicht, dass niedergelassene Apotheken durch die Onlinekonkurrenz massive Probleme bekommen. Das Marktpotenzial für rezeptfreie Produkte im Netz sieht er bei 20 bis 25 Prozent.
Alle warnen vor Fälschungen
Wichtig ist allen die Sicherheit. Die Kammer warnt, dass über 90 Prozent der im Netz gehandelten Präparate gefährliche Fälschungen seien. Und Vitula verwahrt sich dagegen, mit Fälschern in einen Topf geworfen zu werden. „Für Konsumenten ist klar ersichtlich, ob sie sich auf der Webseite einer zertifizierten Onlineapotheke befinden. Mit einem Klick gelangt man zur Behördenseite und zum Zertifikat.“