Das EU-Parlament hat deutlicher als erwartet neue Handelsgespräche mit den USA am Donnerstag abgelehnt. In Straßburg stimmten nur 198 EU-Abgeordnete für die Aufnahme solcher Verhandlungen, 223 waren dagegen. Es handelt sich allerdings um eine rechtlich nicht verbindliche Resolution. Doch ist es ein politischer Wegweiser für die EU-Staaten.

EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström hatte vor den Parlamentariern zuvor Handelsgespräche mit Amerika angesichts der Spannungen als notwendig bezeichnet.

Sie hatte unterstrichen, dass die künftige Landwirtschaft von den Gesprächen nicht berührt sei. Dies hatten ihr aber schon tags zuvor einige Mandatare nicht abgenommen. Malmström meinte, der Umfang der Handelsbeziehungen lasse beiderseitige Vorteile erwarten.

Autozölle gegen Null?

Die EU könne ihre Exporte um bis zu neun Prozent erhöhen, das seien 26 Milliarden Euro, "das ist schon Geld". Gleichzeitig werde sie klarmachen, dass einseitige Maßnahmen der USA gegen EU-Importe mit entsprechenden Gegenmaßnahmen beantwortet würden. Autozölle sollten besser auf Null Prozent gesenkt werden, als zusätzliche Zölle einzuführen.

Der ÖVP-Europamandatar Paul Rübig zeigte sich ernüchtert. "Wer sich heute gegen Handelsverhandlungen mit den USA ausgesprochen hat, der darf sich nicht wundern, wenn es in den transatlantischen Beziehungen eine weitere Eskalation bis hin zu einem Handelskrieg gibt. Leidtragender einer solchen Entwicklung sind die Menschen in Europa und insbesondere in Österreich. Denn ein Handelskrieg mit unserem zweitgrößten Handelspartner nach Deutschland kostet Wirtschaftswachstum, Jobs und Wohlstand. Wir hoffen, dass wir dieses Ergebnis bei der nächsten Gelegenheit revidieren können."

Die SPÖ-Europaabgeordnete Karoline Graswander-Hainz zeigte sich ebenfalls nicht unbedingt erfreut. Das EU-Parlament habe mehrheitlich gegen eine Resolution gestimmt, die klare Bedingungen für die EU-USA-Verhandlungen formuliert hätte. Damit dränge sich das Europaparlament selbst an den Rand. Vor dem Start neuer Verhandlungen "stehen wir jetzt ohne Position da". Dabei seien die USA derzeit kein verlässlicher Partner für fairen und regelbasierten Handel. Wesentlich sei, dass die EU dauerhaft von US-Strafzöllen ausgenommen werden müsse. Außerdem seien EU-Parlament und Zivilgesellschaft von Beginn an in die Verhandlungen einzubinden.

Freihandelskritiker erfreut

Kritiker fordern die Regierungen der EU-Staaten nun dazu auf, das Votum zu respektieren und gegen das Verhandlungsmandat der Kommission im EU-Rat zu stimmen.

"Eine Einigung der letztlich zuständigen EU-Regierungen würde den Weg für ein TTIP 2.0 machen und die Interessen der europäischen Automobilindustrie über Klimaschutz und Demokratie stellen", so die globalisierungskritische Plattform Attac in einer Presseaussendung.

Auch der EU-Parlamentsabgeordnete der Grünen, Michel Reimon, sieht die österreichische Regierung in der Pflicht: "Türkisblau muss nun gegen das Verhandlungsmandat im Rat stimmen. Die Erpressung durch Trump sollte sich die EU nicht gefallen lassen. Hier geht es um die langfristige Ausrichtung unserer Handelspolitik. Diese kann nur nachhaltig und mit hohen Standards einhergehen."

Die Mandatsentwürfe der EU-Kommission hätten eine Abschaffung der Zölle für Industriegüter und eine regulatorische Zusammenarbeit ("Konformitätsbewertung") vorgesehen. Kritisiert wurde im Vorfeld der Ausstieg der US-Regierung aus dem Pariser Klimaschutzabkommen und die mögliche Einfuhr von umweltschädlichem Fracking-Gas.