Die jüngere Geschichte des Kraftwerksstandorts Mellach als turbulent zu bezeichnen, fällt nicht in die Kategorie Übertreibung. Das 2012 in Betrieb genommene 550 Millionen Euro teure Gas-Kombikraftwerk galt bereits kurz nach seiner Eröffnung als „Millionengrab“. Drei Jahre lang wurde an Österreichs leistungsstärkstem Kraftwerk (838 Megawatt) gebaut.

Die Rahmenbedingungen auf den Energiemärkten sorgten bereits kurz nach Inbetriebnahme für Verluste, millionenschwere Abschreibungen, Verkaufsüberlegungen – doch für den Eigentümer Verbund hat sich die Situation grundlegend geändert. Während das Kohlekraftwerk in Mellach 2020 endgültig vom Netz geht, gilt das Gaskombi-Kraftwerk heute als die Feuerwehr für die Stabilität des österreichischen Stromnetzes schlechthin. Sowohl im Winter als auch während sommerlicher Hitzeperioden nimmt es im Engpassmanagement eine Schlüsselrolle ein.

Forschungsstandort

Der Standort Mellach soll künftig aber noch weiter aufgewertet werden. Man wolle Mellach „als Innovationshub etablieren“, der Standort wandle sich immer stärker zu einem Forschungs- und Innovationshub, so Verbund-Generaldirektor Wolfgang Anzengruber. Wie berichtet, setzt man südlich von Graz unter anderem auf große Batteriespeicher.

Stolz sei man zudem auf ein „spannendes Pilotprojekt, das heuer in Mellach startet“: Dabei werde man direkt beim Gasturbinenkraftwerk eine Forschungsanlage für die sogenannte Hochtemperaturelektrolyse und Brennstoffzellenbetrieb errichten. Dann werde man mit Strom (z.B. aus dem Wasserkraftwerk Mellach) Wasserstoff erzeugen, der gespeichert werden kann oder bei Bedarf (dem Erdgas beigemengt) direkt über die Gasturbinen wieder in elektrischen Strom verwandelt wird.

Beim Verbund ist man überzeugt: „Das Potenzial ist riesig, denn derzeit haben wir eigentlich nur Pumpspeicher, um überschüssigen Wind- und Sonnenstrom zu speichern.“ Wenn man diesen Ökostrom künftig als Wasserstoff in der bestehenden Infrastruktur (etwa für Gaslager oder Pipelines) speichern könne „und dann in Gasturbinenkraftwerken wie Mellach rückverstromt, wäre das ein riesiger Schritt bei der Dekarbonisierung“.

Anzengruber: „Wir werden uns auch ansehen, welche Rolle Fotovoltaik in Mellach spielen kann.“ Manfred Neuper