Der in Japan inhaftierte Automanager Carlos Ghosn muss sich wohl neue Verteidiger suchen. Motonari Otsuru, ein früherer Staatsanwalt, und sein Kollege Masato Oshikubo reichten am Mittwoch beim Bezirksgericht in Tokio ihren Rücktritt als Ghosns Anwälte ein. Ob sie von sich aus ihre Aufgaben niederlegten oder von Ghosn entlassen worden waren, blieb unklar.
Ghosn war vor drei Monaten in Tokio wegen Verstoßes gegen Börsenauflagen festgenommen und angeklagt worden. Zudem soll der 64-Jährige laut Staatsanwaltschaft private Investitionsverluste auf den Nissan-Konzern übertragen haben.
Der Ex-Konzerchef muss nach seinem Rücktritt bei Renault auf eine bestimmte Entschädigungszahlung in offenbarer zig-Millionenhöhe verzichten. Wie der Verwaltungsrat des Autoherstellers in Boulogne-Billancourt bei Paris berichtete, werde Ghosn keine Zahlung im Gegenwert von zwei Jahresgehältern mit festen und variablen Bestandteilen erhalten.
Konkurrenzklausel
Hintergrund der potenziellen Entschädigung ist eine sogenannte Konkurrenzklausel - laut Nachrichtenagentur AFP verbietet sie Ghosn, in einem Zeitraum von zwei Jahren für ein Konkurrenzunternehmen zu arbeiten. Der mögliche Betrag wurde auch auf Anfrage nicht genannt.
Ghosn verliert vor allem auch das Recht, ihm in den vergangenen Jahren zugebilligte Aktien endgültig zu erwerben. Der Ende Jänner zurückgetretene Manager sei nicht bei Renault anwesend, hieß es zur Begründung.
Dem Ex-Manager entgehen damit Ansprüche auf Aktienoptionen für vier Jahre bis 2018. Die Aktienoptionen sind nach Unterlagen, die die Nachrichtenagentur Reuters einsehen konnte, derzeit 26 Millionen Euro wert. Die Ausgleichszahlung für ein Wettbewerbsverbot hätten sich auf zwei Jahresvergütungen von insgesamt vier bis fünf Millionen Euro belaufen. Ghosn sitzt seit November in Tokio in Haft. Ihm wird finanzielles Fehlverhalten beim Renault-Partner Nissan vorgeworfen. Auch soll er sein Einkommen nicht vorschriftsgemäß vollständig publik gemacht haben. Ghosn bestreitet die Vorwürfe.
Frankreich wollte Kürzung
Der französische Wirtschaftsminister Bruno Le Maire habe gefordert, dass Ghosns Vergütung so weit wie möglich gekürzt werde. Der Staat ist mit 15 Prozent an Renault beteiligt. "Wir waren immer gegen übermäßig Bezahlung", sagte eine damit befasste Person. Die Frage sei hier nicht, ob Ghosn schuldig sei oder nicht. "Es geht um Ethik und Anstand."
Vor Gericht hatte der Top-Manager seine Unschuld beteuert und vermutete einen Komplott gegen ihn. Sein bisheriger Anwalt Otsuru hatte kürzlich erklärt, es könnten noch Monate vergehen, bis es zu einem Prozess gegen den früher gefeierten Branchenstar komme. Er hatte mehrmals den Antrag auf Freilassung gegen Kaution gestellt, was das Gericht jedoch ablehnte.
Ghosn ist Architekt der Autoallianz aus Renault sowie den japanischen Herstellern Nissan und Mitsubishi. Die Japaner hatten ihn kurz nach der Verhaftung gefeuert.