Der Onlinegigant Amazon ist in Österreich erstmals gemeinsam im Visier der Gewerkschaft sowie einer Interessensvertretung der Händler. In einer Pressekonferenz präsentierten GPA-djp und Handelsverband den "ungewöhnlichen Schulterschluss", um gegen "unfairen Wettbewerb zulasten der Beschäftigten und Wirtschaft" aufzutreten. In der Kritik ist vor allem die Steuerpraxis des Konzerns.
"Ich habe den Eindruck, es ist deren Geschäftsmodell, mit Steuervorteilen zu operieren", sagte GPA-djp-Bundesvorsitzende Barbara Teiber am Mittwoch. "Die Zeit des Handelns ist gekommen", forderte der Geschäftsführer des Handelsverbands, Rainer Will. Teiber und Will präsentierten heute sechs Maßnahmen, wie man gegen Amazon vorgehen könnte. Adressat der Vorschläge ist die Regierung, die zwar Willen zeige, etwas gegen Onlinehändler wie Amazon zu machen, aber nicht im gewünschten Tempo.
Regulierung für den Amazon-Marktplatz
Ganz oben auf der Wunschliste steht eine Regulierung für den Amazon-Marktplatz, über den Drittanbieter ihre Waren anbieten können. Amazon sollte verpflichtet werden, gewerblichen Nutzern diskriminierungsfrei Zugang zu ihren Diensten zu gewähren, Gleichbehandlung sicherzustellen und einen Teil ihrer Daten anonymisiert offenzulegen. Die Interessensvertreter wollen eine gesetzliche Regelung vergleichbar mit dem Telekommunikationsgesetz.
Amazon und die Rechte
"Unser Ziel ist nicht, den Marktplatz von Amazon zu verbieten", stellte Will klar. Kleineren Firmen bliebe oft gar nichts anderes übrig, als auf Amazon anzubieten, um überhaupt von den Kunden wahrgenommen zu werden. Amazon behalte sich aber das Recht vor, Verträge mit seinen Marktplatz-Händlern jederzeit ohne Grund und mit sofortiger Wirkung zu kündigen oder auszusetzen.
Digitalsteuer auf Forderungsliste
Auf der Forderungsliste steht zudem eine Digitalsteuer, die auch Plattformumsätze besteuert und nicht nur Online-Werbung. "Eine Digitalsteuer, die auf Online-Werbung beschränkt bleibt, bedeutet, dass Internetgiganten wie Amazon in Österreich weiterhin steuerfrei Gewinn erwirtschaften und außer Landes verschieben können", so Teiber. Die Regierung sollte darüber hinaus per Gesetz digitale Betriebsstätten schaffen. Viele internationale Online-Giganten verfügen in Österreich über keine physische Betriebsstätte und unterliegen keiner Gewinnbesteuerung.
Bisher fällt für Pakete aus Drittstaaten erst Umsatzsteuer an, wenn der Warenwert 22 Euro übersteigt. Künftig soll das ab dem ersten Cent der Fall sein. Darauf einigte sich die Regierung kürzlich bei ihrer Klausur in Mauerbach. Starten soll die Digitalsteuer spätestens 2020.
In Österreich dominiert Amazon im Onlinehandel
In Österreich wird der Onlinehandel von Amazon dominiert. 2017 setzte das Unternehmen hierzulande rund 690 Mio. Euro um, dazu kommt ein Umsatz von etwa 700 Mio. Euro, den Amazon über seinen Marktplatz lukriert. Während die rund 9.000 österreichischen Onlineshops Umsätze von 3,3 Mrd. Euro erzielten, machten Amazon, Zalando & Co geschätzt rund 4 Mrd. Euro mit heimischen Kunden. Laut Handelsverband-Berechnungen gehen dadurch jährlich 20.000 Jobs verloren. In Anbetracht des Wachstums von Amazon seien es künftig noch mehr, sagte Will.
Anfang Oktober hat Amazon in Österreich sein erstes Verteilzentrum in Großebersdorf (NÖ) aufgemacht. Im Endausbau sollen dort 150 Personen arbeiten. Laut Gewerkschafterin Teiber gibt es bis jetzt 14 angemeldete Beschäftigte. Noch seien "keine Auffälligkeiten bekannt", sagte Teiber. Was es in Österreich besser mache als in Deutschland sei die hohe Abdeckung durch Kollektivverträge. In anderen Ländern seien aber Fälle von Lohndumping bekannt. Bei einer internationalen Gewerkschaftskonferenz sei Amazon als eines der schwierigsten Unternehmen weltweit genannt worden, erzählte Teiber.
An einer anderen Front dürfte sich noch diese Woche etwas tun. Im Dezember hatte der Handelsverband bei der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) eine Beschwerde gegen Amazon eingebracht. Im Visier stehen der Datenaustausch innerhalb Amazons und seine Geschäftsbedingungen für Händler. Laut dem Handelsverband-Chef will die Behörde noch diese Woche entscheiden, ob sie gegen den Konzern Ermittlungen wegen des Verdachts auf Machtmissbrauch aufnimmt.