Die Berichte über angebliche Betrugsfälle beim deutschen Bezahldienstleister Wirecard haben die Polizei in Singapur auf den Plan berufen. Die Behörde prüfe die Angelegenheit, teilte ein Polizeisprecher am Montag der Nachrichtenagentur AFP mit.

Hintergrund sind Berichte der britischen Zeitung "Financial Times" über Unregelmäßigkeiten bei Wirecard. Das DAX-Unternehmen wies die Vorwürfe am Montag erneut zurück, die Aktie erholte sich etwas.

Die "Financial Times" hatte in der vergangenen Woche zweimal über Wirecard berichtet. Demnach konnten Journalisten der Zeitung Dokumente von Anwälten einsehen, die Wirecard selbst beauftragt hatte. Die Juristen fanden demnach Belege für "schwere Vergehen" wie Urkundenfälschung. Es gebe Grund zu der Annahme, dass diese Fälschungen andere Taten verdecken sollten, etwa Betrug, Untreue, Korruption oder Geldwäsche.

Aktie abgestürzt

Das Unternehmen wies die Darstellung der "Financial Times" zurück. Die Berichterstattung ließ jedoch die Wirecard-Aktie abstürzen - am Mittwoch verlor sie 13 Prozent, am Freitag noch einmal 25 Prozent. Die deutsche Finanzaufsicht BaFin erklärte am Donnerstag, sie prüfe, ob es sich beim Absturz am Mittwoch womöglich um einen Fall von Marktmanipulation handeln könnte. Montagfrüh legte die Aktie um zwischenzeitlich 16 Prozent zu.

Das Unternehmen wandte sich am Montag ein weiteres Mal gegen die Berichterstattung der "Financial Times". Die Sache gehe auf Beschuldigungen zurück, die ein Wirecard-Mitarbeiter in Singapur im April gegen einen Kollegen erhoben habe. Dabei sei es um angebliche millionenschwere Unregelmäßigkeiten in der Buchhaltung gegangen. Eine interne Untersuchung habe keine Beweise für die Behauptungen erbracht, sondern deute eher darauf hin, dass es hier um einen Streit zwischen Mitarbeitern gehe.

Firmenchef will beruhigen

Dennoch sei die in Singapur ansässige Anwaltskanzlei Rajah & Tann im Mai mit einer weiteren Untersuchung beauftragt worden, erklärte Wirecard. Diese sei inzwischen fast abgeschlossen. Hinweise auf kriminelle Vorgänge hätten die Anwälte bisher nicht gefunden. Wirecard veröffentlichte ein Schreiben der Kanzlei, das diese Darstellung bestätigt.

Der aus Österreich stammende Wirecard-Chef Markus Braun erwartet, dass die Schlagzeilen um angebliche bilanzielle Unregelmäßigkeiten spurlos an dem Zahlungsabwickler vorbeigehen. Er erkenne keine Auswirkungen der Berichterstattung auf das operative Geschäft, sagte Braun am Montag in einer Telefonkonferenz mit Analysten. "Ich glaube, wir können bald wieder normal an die Arbeit gehen."

Commerzbank überholt

Wirecard hatte im vergangenen Herbst Schlagzeilen gemacht, als das Unternehmen die Commerzbank aus dem DAX verdrängte. Zu diesem Zeitpunkt war die Firma mehr als 23 Milliarden Euro wert und überrundete damit sogar die Deutsche Bank.

Wirecard war 1999 auf dem Höhepunkt der Internetblase gegründet worden und konzentrierte sich schnell auf den Zahlungsverkehr im Internet. Zu den ersten Kunden gehörten vor allem Kasinos und Porno-Seiten, weil sie den Onlinehandel damals schon nutzten. Seitdem kamen aber viele Kunden aus anderen Branchen hinzu - Aldi und TUI etwa, Lufthansa oder O2.