Die Aktie von Wirecard stürzte am Freitag um bis zu 31 Prozent ab. In nur einer Stunde wurden bei dem oft als Hoffnungsträger der deutschen Finanzbranche gehandelten Konzern rund fünfeinhalb Milliarden Euro Börsenwert vernichtet.
Als Auslöser nannten Händler einen Bericht der "Financial Times", die wie bereits am Mittwoch vom Verdacht krimineller Machenschaften bei Wirecard berichtete. Das Unternehmen wies auch diese Anschuldigungen vehement zurück.
Wirecard: "Bericht ist irreführend und diffamierend"
Die britische Wirtschaftszeitung berichtete am Freitag auf ihrer Internetseite, eine von Wirecard beauftragte Anwaltskanzlei aus Singapur habe in der dortigen Niederlassung Hinweise auf finanzielle Unregelmäßigkeiten entdeckt. In einem internen Bericht der Kanzlei Rajah & Tann sei von einem Verdacht auf gefälschter Buchführung, Betrug, Korruption und Geldwäsche die Rede. Davon habe das Spitzenmanagement bereits am 8. Mai 2018 in einer Präsentation erfahren, auf die sich die Zeitung bereits am Mittwoch berufen hatte.
Wirecard wies den Bericht vom Freitag mit denselben Worten zurück wie die Veröffentlichung der "Financial Times" vom Mittwoch: Die Behauptungen seien "irreführend und diffamierend", erklärte eine Konzernsprecherin. Zwar sei Rajah & Tann von Wirecard beauftragt, die Einhaltung von Vorschriften zu überwachen. Die Kanzlei habe aber zu keinem Zeitpunkt erhebliches Fehlverhalten in der Buchführung festgestellt. Die Behauptung, das Spitzenmanagement sei am 8. Mai 2018 in einer Präsentation über derartige Dinge informiert worden, sei falsch.
Finanzaufsicht prüft
Die Staatsanwaltschaft München erklärte am Freitag, sie prüfe unverändert, ob bei dem Unternehmen ein Fall vom Marktmanipulation vorliege. Die Strafverfolger und die deutsche Finanzaufsicht Bafin hatten sich bereits nach den Kursverlusten vom Mittwoch in die Sache eingeschaltet. Während die Zeitung am Freitag berichtete, die von Wirecard beauftragten Anwälte hätten mögliche Straftaten in mehreren asiatischen Ländern und in Deutschland ausgemacht, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft München, aus Sicht der bayerischen Ermittler gebe es keine Anhaltspunkte für die von der Zeitung geschilderten Straftaten.
Wirecard mit Sitz in dem Münchner Vorort Aschheim wickelt für Firmenkunden in aller Welt Online-Zahlungen zwischen Verbrauchern, Händlern und Banken ab und kassiert dafür Gebühren. Der Konzern profitiert wie nur wenige andere von der weltweiten Verlagerung der Zahlungsströme ins Internet. Zu den Partnern zählt unter anderem Apple.
Wiederholt Vorwürfe
Schon am Mittwoch war die Wirecard-Aktie um fast 25 Prozent abgesackt. In der Vergangenheit gab es wiederholt Vorwürfe gegen Wirecard, denen Aktienkurseinbrüche und Ermittlungen wegen Marktmanipulation folgten. Vor mehreren Jahren wurden deshalb frühere Führungskräfte der Aktionärsvereinigung SdK verurteilt.
Gegen den Herausgeber einer unter dem Firmennamen "Zatarra" veröffentlichten Publikation ist in München ein Strafbefehlsverfahren anhängig. Die Wirecard-Aktie war im Februar 2016 um ein Viertel eingebrochen, nachdem Zatarra Research dem Unternehmen betrügerische Machenschaften vorgeworfen hatte. Eine Entscheidung des Amtsgerichts München über den Vorwurf der Marktmanipulation wird nach Angaben eines Sprechers nicht vor April erwartet.