Der Vergleich macht sicher: 2018 erzielte Österreich ein so niedriges Budgetdefizit wie seit Jahrzehnten nicht. 1,1 Milliarden Euro beträgt das Minus aus dem Staatshaushalt nach vorläufigen Zahlen, das Defizit nach Maastricht-Kriterien liegt bei 0,15 Prozent. Und Finanzminister Hartwig Löger (VP) darf sich darüber freuen, dass das Ergebnis unterm Strich besser ausgefallen ist, als im Voranschlag geplant war.
Gottfried Haber, Präsident des Fiskalrates und demnächst Vizegouverneur der Oesterreichischen Nationalbank, sieht "im Großen und Ganzen" einen ausgeglichenen Haushalt.
Doch kommen kritische Stimmen nicht nur von der Opposition, für die, wie zum Beispiel die Neos, Jubelmeldungen unangebracht sind. Auch die wirtschaftsliberale Denkfabrik Agenda Austria und ihr Ökonom Lukas Sustala zeigen sich von den vorliegenden Daten eher enttäuscht. "Dass unter dem Strich immer noch ein Defizit von 1,1 Milliarden Euro steht, ist eine verpasste Chance", sagt Sustala.
Fette Zuwächse bei den Steuereinnahmen
Zum geringen Defizit hätten vor allem der konjunkturelle Rückenwind und ein Rückgang bei den Zinszahlungen beigetragen. "Aus den Daten gehen keine nachhaltigen Einsparungen hervor", kritisiert Sustala.
Die Hochkonjunktur 2018 sorgte für zum Teil kräftige Zuwächse bei den Steuereinnahmen. Im Detail flossen etwa 1,26 Milliarden mehr an Körperschaftssteuer und 1,83 Milliarden mehr an Lohnsteuern an die Finanz. Die Lohnsteuereinnahmen seien mit 5,2 Prozent real so stark gestiegen wie seit 2007 nicht mehr, so die Agenda Austria.
992 Millionen mehr an die EU
Andererseits wurden die Mehreinnahmen durch höhere Ausgaben für die Pflege (275 Millionen über Plan) oder deutlich höhere Überweisungen an die EU (in Summe 3,6 Milliarden Euro, das sind um 992 Millionen mehr, davon allein 736 Millionen im Dezember) aufgezehrt.
Gestiegen ist auch der Bundeszuschuss für die Pensionen, hier gilt es zu unterscheiden: Der Bundesbeitrag für Pensionen für Bauern, Arbeitnehmer und Selbstständige stieg von 9,0 auf 9,2 Milliarden Euro, wobei der Anstieg um 336 Millionen geringer ausfiel als angenommen.
Beamten-Pensionen kosteten mehr
Für die Pensionen der Beamten zahlte der Staat 9,4 Milliarden Euro und damit um 150 Millionen mehr als budgetiert. Die Alterssicherung der Beamten kostete dem Bund im zweiten Jahr in Folge mehr als der Zuschuss zu den Pensionen der Privatwirtschaft.
"Der Budgetvollzug war nicht locker, aber die Regierung hat bis jetzt keine großen Akzente gesetzt", lautet das Resümee von Sustala.
2019 Überschuß im Visier
Wie passt nun das Fehlen nachhaltiger Einsparungen zu den Budgetzielen für 2019? Löger hat bekanntlich einen Überschuß im Visier.
"Wichtig ist, dass man die Anstrenungen weiter fortsetzt", mahnt Haber. Dass die Steuerreform in mehreren Stufen umgesetzt werden soll, sieht Haber positiv. Ein Konjunkturimpuls sei derzeit noch nicht nötig, aber: "Eine sich abschwächende Konjunktur kann danach rufen, dass man bestimmte Maßnahmen zeitlich anders gestaltet."
Und Sustala sagt: "Wenn die Regierung ihr Entlastungsprogramm ohne neue Schulden durchziehen will, muss sie demnächst zeigen, in welchen Bereichen sie wirklich einsparen möchte." Aus heutiger Sicht "finanzieren die Steuerzahler ihre Entlastung gerade selbst".
Warum sich das Ziel ausgehen könnte
Denn sicher ist, dass sich der Rückenwind der Konjunktur 2019 in einen Gegenwind drehen und das Wachstum in Österreich unter den revidierten Prognosen für Deutschland und Italien leiden wird.
Mit dem Familienbonus hat der Finanzminister bekanntlich weniger Einnahmen zu erwarten. Hinter der Mindestsicherungsreform und der Pflege stehen Fragezeichen, was die Entwicklung der Kosten betrifft. "Dennoch", so Sustala, "sind die Voraussetzungen gut, den angepeilten Budgetüberschuss zu erreichen. 2018 wurden relativ hohe Lohnabschlüsse erzielt, dadurch nimmt der Staat mehr an Lohnsteuern ein."