Es ist ein Abkommen, an dem sich seit Jahren die Geister scheiden, das „umfassende Wirtschafts- und Handelsabkommen EU-Kanada“, besser bekannt unter der englischen Abkürzung Ceta. Heute, Dienstag, ist ein entscheidender Tag für die Zukunft des Handels-Deals. Denn der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) äußert sich zur Frage, ob gewisse Vertragsbestandteile mit dem EU-Recht vereinbar sind. Ursprünglich hätte das bereits Ende Oktober 2018 geschehen sollen. Doch das Thema ist komplex. Es geht um den umstrittenen Schiedsgerichtshof für Investoren. Dieser soll bei Streitigkeiten zwischen ausländischen Konzernen und Staaten tätig werden. Befürworter sehen das als Möglichkeit, jahrelange Rechtsstreitigkeiten schnell auszuräumen, Kritiker sehen darin eine Parallel-Justiz für milliardenschwere multinationale Konzerne.
Aber der Reihe nach. Nach sieben Jahren Verhandlung und einer breiten öffentlichen Diskussion wurde das Freihandelsabkommen am 30. Oktober von der kanadischen Regierung, der EU-Kommission und dem EU-Rat unterzeichnet. Im Februar 2017 gab das EU-Parlament grünes Licht. Mit 21. September 2017 traten jene Teile des Abkommens in Kraft, die in der alleinigen Kompetenz der EU liegen, wie Zölle und andere Handelsbeschränkungen.
Van der Bellen will EuGH-Spruch abwarten
Vollkommen in Kraft treten kann es nur, wenn auch alle nationalen Parlamente zustimmen. Zwölf Staaten haben bereits zugestimmt. Und auch das österreichische Parlament hat die Ratifizierung mit den Stimmen der ÖVP, der FPÖ und der Neos beschlossen. In Kraft ist das Gesetz allerdings noch nicht. Denn Bundespräsident Alexander van der Bellen will abwarten, bis der EuGH entschieden hat, ob der besagte Schiedsgerichtshof mit EU-Recht vereinbar ist.
Die Äußerungen der gesamt elf Generalanwälte haben hohes Gewicht. Ihre Aufgabe ist es, einen unabhängigen und fachlich fundierten Vorschlag für ein Urteil zu machen. Die Richter des EuGH sind daran nicht gebunden, faktisch folgen jedoch drei Viertel der Urteile den Empfehlungen des Generalanwalts.