Siemens zieht Unternehmenskreisen zufolge ein Scheitern der geplanten Fusion seiner Zugsparte mit dem französischen Konkurrenten Alstom in Betracht. Die von der EU-Kommission ins Spiel gebrachten Kartellauflagen gingen aus Sicht des deutschen Konzerns zu weit, sagten mit dem Vorgang vertraute Personen.
Siemens sei nicht bereit, weitere Zugeständnisse zu machen als bisher angeboten, sagte ein Insider. "Wenn die Kommission ablehnt, dann können wir den Deal nicht machen. Dann ist das Thema durch."
Siemens und Alstom ringen mit der EU-Kommission um die Bildung des zweitgrößten Bahntechnik-Konzerns der Welt. Die Unternehmen argumentieren mit der wachsenden Konkurrenz durch den chinesischen Branchenprimus CRRC. EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager hat dennoch schwere Bedenken geäußert.
Die Fusionspartner haben ihr angeboten, Teile des Signaltechnikgeschäfts zu verkaufen und Technologie für den Bau von Hochgeschwindigkeitszügen der Konkurrenz zur Verfügung zu stellen. Kern des Konflikts ist Insidern zufolge die Frage, wie weit Siemens seine Zug-Patente für Konkurrenten öffnen muss.
Alstom weiterhin positiv
Alstom sprach am Donnerstag von Fortschritten bei der geplanten Fusion. Der Konzern rechnet mit einem Abschluss des Geschäfts im ersten Halbjahr. "Die vorgeschlagene Kombination von Alstom mit Siemens Mobility, inklusive des Antriebsgeschäfts, ist im vergangenen Quartal fortgeschritten", teilte Alstom anlässlich der Veröffentlichung von Geschäftszahlen mit. Der Konzern verwies auf die Zugeständnisse, zu denen die Firmen bereit sind. Dieses Paket sei angemessen.
Die Regierungen von Deutschland und Frankreich unterstützen das Vorhaben, das im Wettbewerb mit den Chinesen einen europäischen Champion ähnlich wie Airbus in der Luftfahrtbranche schaffen soll. "Aus Sicht der Bundesregierung ist die angestrebte Fusion ein wichtiges industriepolitisches Anliegen zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Bahnindustrie", sagte ein Sprecher der deutschen Regierung. Die Entscheidung obliege aber der Kommission. Die französische Regierung äußerte sich deutlicher. "Eine Ablehnung durch die Europäische Kommission wäre ein wirtschaftlicher wie auch ein politischer Fehler", hatte ein Regierungssprecher in Paris am Mittwoch gesagt.
Entscheidung bis 18. Februar
Siemens sieht den Unternehmenskreisen zufolge den Ball nun im Feld der EU-Kommission, die bis zum 18. Februar über eine Genehmigung der Fusion entscheiden will. "Wir warten ab", sagte ein Eingeweihter. "Weitere Zugeständnisse wird es nicht geben." Vestager und die übrigen EU-Kommissare hatten vor wenigen Tagen über den geplanten Zusammenschluss beraten.
Falls die Fusion nicht zustandekomme, sehe Siemens für seine Bahntechniksparte Siemens Mobility trotzdem gute Wachstumsaussichten, sowohl organisch als auch anorganisch, sagten die Insider. "Wir werden alle Optionen prüfen." Dazu zähle auch die Möglichkeit, die Sparte an die Börse zu bringen. "Wir glauben, dass wir durchaus unser Geschäft, so wie es heute ist, sehr attraktiv weiterentwickeln können." Ein Zusammengehen mit dem kanadischen Rivalen Bombardier sei derzeit allerdings nicht in Sicht.
Siemens Mobility ist sehr stark in Österreich aktiv. In Graz werden Fahrgestelle gebaut, in Weiz Transformatoren, in Wien ist das Kompetenzzentrum für Straßen- und U-Bahnen.