In der Luftfahrt rückt die Klimaverträglichkeit in den nächsten Jahren stark in den Fokus. Die FACC kennt als Zulieferer aller großen Flugzeughersteller neue Entwicklungen sehr gut: Wird Fliegen bald klimafreundlicher?
Robert Machtlinger: Das größte Potenzial liegt bei den Airlines, indem sie alte, ineffiziente Jets durch die neuesten ersetzen. Ein Airbus 350, eine Boeing 787 brauchen im Vergleich zu alten Maschinen 30 Prozent weniger Kerosin. Und es wird natürlich heftig an neuen Flugzeugen entwickelt, bei Boeing heißt das Programm „middle of the market“.
Die Luftfahrt wird allen Prognosen zufolge enorm wachsen. Oft ist von einer Verdoppelung binnen 15 Jahren die Rede. Da ist es schwer vorstellbar, dass das Versprechen der Airline-Industrie, den CO2-Ausstoß bis 2050 zu halbieren auf Basis 2005, hält.
Wahrscheinlich liegt der Bedarf neuer Flugzeuge innerhalb von knapp 20 Jahren bei 40.000 Stück, aktuell gibt es etwa 21.000, von denen 10.800 alt sind. Zwischen 2025 und 2027 sollte es die ersten elektrisch betriebenen Flugzeuge auf dem Markt geben. Das werden kleinere sein für 50 bis 100 Passagiere und ein bis zwei Stunden Reichweite. Ein Riesenthema sind natürlich Treibstoffe. Nicht nur synthetisches Fuel, sondern auch Wasserstoff, der über einen Generator elektrische Propeller oder Turbinen antreibt. Auch in der Aerodynamik wird viel geforscht.
In welche Richtung?
Wir als FACC beschäftigen uns intensiv mit morphischen Geometrien. Da passen sich die Oberflächen flexibel an die Flugbedingungen an. Derzeit sind etwa Tragflügel im Steig- und Landeanflug suboptimal. Hier ist viel möglich. Unser Anspruch ist, das ohne viel zusätzliches Gewicht zu schaffen.
Das klingt alles nach weiter Ferne. Was hilft schon jetzt?
Die Tragflügelgeometrie mit Winglets an der Flügelspitze zu verbessern, die verringern den Luftwiderstand. Wer die zum Beispiel an eine Boeing 737 montieren lässt, der hat die Kosten dafür bei einem Ölpreis von 56 Dollar schon nach einem Jahr wieder herinnen. Es gibt auch ganz kleine Vortex-Generatoren für die Flügel, sie verbessern die Performance um ein Prozent. Das klingt wenig, ist aber viel. Generell sind derzeit durch solche oder ähnliche Aufrüstungen Effizienzsteigerungen zwischen 0,75 und 1,5 Prozent jährlich möglich. Über zehn bis 15 Jahre kommt auch viel heraus, bis zum nächst größeren Technologieschub.
Passiert auf anderen Ebenen genug, also nicht nur unmittelbar an den Flugzeugen selbst?
Ein großer Schritt waren die Airline-Allianzen, die zu deutlich höheren Auslastungen geführt haben. Die liegt jetzt weltweit bei durchschnittlich 81 Prozent. Da ist noch Luft nach oben. Und statt Flüge auf Luftstraßen zu leiten und zu Umwegen zu zwingen, sollte Punkt-zu-Punkt-Verkehr zur Norm werden. In Österreich gibt es den. Allgemein werden im Gegensatz zu früher auch kaum mehr Warteschleifen über Flughäfen geflogen.
Die Airlines sind in heftigem Preiskampf, wie sollen sich da hohe Investitionen ausgehen?
Das ist nicht mein Revier. Aber was ich von unserer Warte sagen kann: Wir hatten in den vergangenen 18 Jahren kräftige Sprünge bei den Entwicklungskosten. Manche Bauteile kosten das 20-fache, aber nicht, weil unsere Ingenieure so langsam geworden sind, sondern, weil man viel genauer entwickelt und viel höhere Anforderungen stellt. Wir setzen massiv auf künstliche Intelligenz, nutzen immer stärker die Unmenge von Daten, die wir täglich sammeln, um Entwicklungszeiten zu reduzieren.
Sie werben für die Idee von Lufttaxis. Ist das ein PR-Gag wie jener von Amazon, Pakete mit der Drohnen zu verschicken?
In der Idee von Amazon sehe ich auch keine große Zukunft, aber Lufttaxis für Menschen werden kommen. Vor allem in Ballungsräumen mit mehr als zehn Millionen Einwohnern. Großes Interesse gibt es seitens der Ölindustrie für die Belieferung ihrer Bohrplattformen.
Wie ist das Thema bei der FACC gelandet?
Wir entwickeln für das chinesische Start-up Ehang, das einen genialen Prototyp hat, Prozesse und Materialien, um die Serienfertigung zu ermöglichen.
Gehört Ehang auch ihrem chinesischen Eigentümer?
Nein, das ist ein Start-up eines Technikers, der 2015 mit fünf Leuten gestartet ist. Er hat das erste Crowdfunding Chinas gemacht, beschäftigt heute 270 Leute. Das Marktvolumen wird bis 2030 auf 30 Milliarden Euro geschätzt. Da wollen wir als Frontrunner mit dabei sein.
Claudia Haase