Judit Klaindl hat die undankbare Startnummer eins und zieht am Ende ohne Preis von dannen. Dabei wurde ihre bienenwachsbeschichtete Brottasche unter Wert geschlagen, findet Urs Harnik-Lauris von der Energie Steiermark, Dienstag Abend eines von acht Jurymitgliedern. Als der Pitch längst über die Bühne ist und die Sieger feststehen, hat er eine Idee, wie das Naturprodukt besser vermarktet werden könnte. Er wolle, sagt er, Klaindls „Bee Frisch“ einem namhaften Grazer Bäcker schmackhaft machen. „Vielleicht beißt er an.“
Sechste Auflage des „Elevator Pitch“ der Jungen Wirtschaft also – und die Stimmung ist aufgeladen. Denn 19 junge Unternehmer und Unternehmerinnen stehen vor einer möglicherweise entscheidenden Liftfahrt in den zehnten Stock der Zentrale der Energie Steiermark. Der Techniker von Kone sorgt wie jedes Jahr dafür, dass die Fahrt exakt 90 Sekunden dauert, die Zeit, in der die Pitcher die Jury von ihrer Geschäftsidee überzeugen müssen. Es geht um die von der Steiermärkischen Sparkasse gesponserten Preisgelder – und um Aufmerksamkeit von Investoren.
Blanke Nerven
Johannes Haberl springt kurzfristig für seinen Partner ein, mit dem er ein alkoholfreies Proteinbier für Sportler entwickelt hat, doch im Lift lassen ihn die Nerven im Stich – Blackout. So geht es anderen auch. Jakob Neuhauser, einer von drei Gründern des Start-ups Qbot, das sich mit künstlicher Intelligenz in der industriellen Fertigung beschäftigt, holt nach wenigen Sekunden einen Schummelzettel aus der Gesäßtasche.
Läuft der Pitch nicht rund, ist Gonzo Renger zur Stelle. Im zehnten Stock, am Ende der Liftfahrt, wartet der Moderator mit dem Mikro, findet für jedes Hoppala eine Erklärung und aufmunternde Worte: „Im Mittelpunkt steht die Produktidee.“ Rund 200 Zuschauer – Freunde, Familien, Anhänger – verfolgen die live aus der engen Liftkabine übertragenen Pitches auf der Videowand. Um anschließend via Smartphone zwischen 1 und 6 zu werten – für den Publikumspreis. Analog dagegen die Fachjury, die ihre Wertungen auf Zetteln notiert und in die Höhe bzw. in die Kamera hält.
Kuriose Geschichten
Es ist ein Abend, an dem kuriose Geschichten erzählt werden. Ein Tatoo habe die Beziehung eines Freundes zerstört, sagt Arjanit Cekaj, während sich in seinem Rücken die Lifttür schließt. Das bewog ihn zur Entwicklung eines löschbaren Tatoos, fährt er in seinem Pitch fort, die TU Graz sei bereits an Bord. „Das Tatoo geht nicht unter die Haut, hält aber 20 Jahre und kann bei Nichtgefallen mit einem speziellen Stift jederzeit gelöscht werden.“ Damit gewinnt der 18-Jährige die Schülerwertung.
Und es ist ein Abend, der Fragen offen lässt. Kfz-Meister Stefan Gradwohl will ein Mittel gefunden haben, das, wenn man es dem Motoröl beimengt, die Stickoxidemissionen von Pkw um 20 Prozent senkt. Was er als Lösung für Feinstaubstädte wie Graz preist, löst bei Teilen der Jury zumindest Zweifel aus.
Die Gewinner
Am Ende drücken zwei Frauen dem Abend mit punktgenauen Pitches ihren Stempel auf. Katerina Sedlackova kommt mit dem Vibrationsgurt „Waibrosports“ – er ermöglicht Sehbehinderten, Sport unabhängig von Begleitern zu betreiben – auf Platz zwei, ex aequo mit Jakob Neuhauser und dem smarten CNC-Fräser. Der Sieg geht an Katharina Feiertag und das „Aurox Headband“, das Kühlung im Stirn- und Schläfenbereich liefert. Das Kleinstunternehmen (weniger als zehn Mitarbeiter) hat damit heuer bereits einen Fast Forward Award des Landes Steiermark gewinnen können.