Der Tiroler Milliardär René Benko hat sich für die Sanierung der angeschlagenen Möbelkette Kika-Leiner mit Reinhold Gütebier einen alten Haudegen gesucht. "Ich bin ein Mann der Front", macht der 66-Jährige bei seinem ersten großen Auftritt schnell klar, dass er es noch einmal krachen lassen will. Nicht nur an Küchenfronten im Speziellen oder Möbelfronten im Allgemeinen, sondern wohl vor allem im Match gegen den Erzrivalen XXXLutz. Der Österreich-Marktführer war erfolgreich nach Süddeutschland expandiert, wo Gütebiers langjähriger Arbeitgeber Segmüller den Angriff parieren musste.
In Wien haut Gütebier gleich einmal auf den Putz. Nach Monaten der Krisenmeldungen über Filialschließungen und Personalabbau schaltet der neue Chef auf Kampfmodus. O-Ton des gebürtigen Cuxhaveners: "Der Krieg wird auf der Fläche gewonnen." Im nächsten Vierteljahr soll die Neupositionierung geschafft sein. Die gravierenden Fehler der Vorgänger seien ein "Segen, weil man schnell etwas bewegen kann".
Scharfe Markenprofile
Wie viel Geld Benkos Signa Retail für die Sanierung von Kika-Leiner in die Hand nimmt, verschweigt Gütebier ganz im Sinne des verschwiegenen Neo-Eigentümers. Die Markenprofile werden jedenfalls geschärft, Werbung gezielter platziert, die Verkäufer fit gemacht, die Möbelausstellungen besser präsentiert. "Es fehlt an Pfiff, Charme und Inszenierung", urteilt Gütebier. Ein gewisses Chaos sorge etwa bei Teppichen für Umsatz. "Geschniegelt und gebügelt geht nicht."
Die wichtigste Botschaft dürfte aber diese sein: "Wir bieten beim Einkauf Sicherheit", erklärt der Manager. Seit praktisch einem Jahr waren die Kunden wegen der drohenden Insolvenz und der dramatischen Lage des Ex-Mutterkonzerns Steinhoff weggeblieben. Wie massiv der einstige Umsatz von 800 Millionen Euro erodiert ist, verrät Gütebier nicht.
Kika-Leiner-Retter Benko heuerte Gütebier vor dessen Pensionierung an. "Benko hat mich in seinen Bann gezogen und mich überzeugt, die Herkulesaufgabe anzunehmen."
Gewinne in drei Jahren
Gütebier muss jetzt für ein zweistelliges Umsatzplus sorgen, allerdings ausgehend von einem "sehr niedrigen Sockel". Der Marktanteil der Gruppe lag zuletzt bei 22 Prozent. An der Spitze der "Champions League" mitzumischen, sei das Ziel.
Geld verdiene Kika-Leiner wieder in drei Jahren. Neben der viel klareren Zwei-Marken-Strategie werde es nichts geben. "Diskont ist für mich absolut gestorben", versichert Gütebier. Es bleibe bei den Schließungen von vier Standorten in Österreich, die auf Vollzeit-Basis 712 Jobs kosten. Gehälter würden nicht angerührt werden. Er gehe mit 42 Filialen und 4500 Mitarbeitern ins kommende Jahr. 2019 seien sogar Neueinstellungen ein Thema, etwa zur unter Signa zu erwartenden Verstärkung der Online-Präsenz. Der Online-Anteil am Umsatz solle künftig fünf bis zehn Prozent ausmachen.
Ein Verkauf steht bei den 20 Osteuropa-Standorten im Raum. Mitte Dezember will Gütebier den Mantel des Schweigens lüften. Dann verrät er auch, ob das Leiner-Flagschiff auf der Wiener Mariahilfer Straße wie kolportiert ein neuer "KaDeWe"-Einkaufstempel wird.
Claudia Haase