Ende Dezember soll Schluss sein mit neuen Anleihenkäufen - das hat die Europäische Zentralbank (EZB) in Aussicht gestellt. Doch der formelle Beschluss des EZB-Rates dazu steht noch aus. Ob er bei der Sitzung in Frankfurt an diesem Donnerstag getroffen wird oder erst Mitte Dezember, hatte Notenbank-Präsident Mario Draghi nach der jüngsten Zinsentscheidung vor sechs Wochen offen gelassen.

Die aktuellen Entscheidungen des EZB-Rates, dem auch der Chef der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), Ewald Nowotny, angehört, werden am Donnerstagnachmittag bekanntgegeben.

Sorgenkind Italien

Doch der Streit über die Haushaltspläne in Italien bereitet der Europäischen Zentralbank zunehmend Sorgen. Ökonomen erwarten daher am Donnerstag bei der nächsten Zinssitzung mahnende Worte von EZB-Chef Mario Draghi Richtung seines Heimatlandes.

"Die EZB wird solange keine Bereitschaft zeigen, Italien zu unterstützen, sofern nicht auch andere Länder unverschuldet mit in die Krise hineingezogen werden," sagt BayernLB-Volkswirt Stefan Kipar. Er glaubt nicht, dass sich die Notenbank von Italien zu Änderungen in ihrer Geldpolitik gezwungen sieht. Dieser Meinung ist auch ING-Diba-Chefvolkswirt Carsten Brzeski: "Es muss definitiv schon einen ernsthaften Wachstumsdämpfer, eine Eskalation der italienischen Krise oder Handelsspannungen mit spürbaren Folgen an den Finanzmärkten geben, bevor die EZB ihren Kurs ändert."

Die neue Regierung in Rom aus populistischer Fünf-Sterne-Bewegung und rechter Lega plant für 2019 eine deutlich höhere Neuverschuldung als von der Vorgängerregierung zugesagt. Die EU-Kommission sieht darin einen gravierenden Verstoß gegen europäische Regeln. An den Börsen hat der Streit bereits die Furcht vor einer neuen Schuldenkrise ausgelöst. Das nach Griechenland am stärksten verschuldete Euro-Land muss Investoren bei der Platzierung von Staatsanleihen inzwischen deutlich höhere Zinsen bieten, um an Geld zu kommen. Und mit Moody's hat die erste große Rating-Agentur die Bonitätsnote des Landes heruntergestuft - mit Verweis auf die Haushaltspläne.

EZB kann nicht helfen

Notenbank-Insidern zufolge kann Italien im Fall von Zahlungsproblemen nicht auf die EZB als Feuerlöscher setzen. Die EU-Regeln verbieten es Draghi & Co einem Land zur Hilfe zu kommen - es sei denn, dieses hat einem Rettungsprogramm der EU-Partner zugestimmt. Das ist jedoch wie bei den Griechenland-Hilfen mit harten Spar- und Reformauflagen verbunden. "Solange Italien die Einhaltung der Regeln des Euro infrage stellt, kann es nicht erwarten, in irgendeiner Weise gerettet zu werden", sagt Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg Bank. "Die EZB hat klare Regeln für potenzielle Interventionen." Nach Einschätzung der Bank of America Merrill Lynch wird Draghi womöglich darauf verweisen, dass das noch laufende Anleihen-Kaufprogramm nicht für einzelne Länder da ist.

Die billionenschweren Käufe waren in den vergangenen Jahren eines der wichtigsten Instrumente der EZB, um für eine Inflation von knapp zwei Prozent zu sorgen. Außerdem hält die Notenbank die Leitzinsen seit längerem auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent. Das hat die Wirtschaft in der Eurozone nach der Staatsschuldenkrise wieder in Schwung gebracht. Die EZB hat bereits mehrfach signalisiert, die Schlüsselsätze noch bis über den Sommer 2019 hinaus nicht antasten zu wollen. Danach könnten die Zinsen auch in der Eurozone wieder steigen.

Hinweise erhoffen sich Experten am Donnerstag von Draghi, wie die EZB ab Jänner - nach dem eigentlichen Ende der Anleihenkäufe - Gelder aus fällig werdenden Titeln wieder neu anlegen will. Laut Notenbank-Direktor Benoit Coeure geht es dabei 2019 im Schnitt um rund 15 Milliarden Euro pro Monat. "Am unkritischsten sehen wir eine Anpassung des Zeitraums, in dem fällige Anleihen re-investiert werden," sagt Christian Reicherter, Zinsexperte bei der DZ Bank. "Die Notenbank könnte diesen von bisher zwei Monaten auf bis zu sechs Monate verlängern".