Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer reichen die Maßnahmen der Bundesregierung zur Bekämpfung des Fachkräftemangels nicht. Es fehlt eine "verdammt große Zahl" an qualifizierten Arbeitskräften, so Mahrer am Dienstag vor Journalisten. Seine Schlussfolgerung daraus: "Wer glaubt, ohne qualifizierte Zuwanderung auszukommen, der irrt."
Ob der Zuzug von Menschen aus Drittstaaten, also außerhalb der EU, auch für Lehrlinge gelten soll, beantwortete Mahrer so: Dies sei die "letzte Möglichkeit". Wie durch die Zuwanderung durch qualifizierte Fachkräfte das Problem des Personalmangels in einfachen Tätigkeiten, z.B. in der Gastronomie, gelöst werden soll, beantwortete Mahrer nicht konkret, verwies aber darauf, dass diese Jobs ohnehin weniger würden.
Jobgipfel "nur ein erster Schritt"
Die von der Regierung gepriesene Rot-Weiß-Rot-Card für die Zuwanderung aus Staaten außerhalb der EU sei zu bürokratisch und die Mangelberufsliste ebenso, kritisierte der ehemalige Wirtschaftsminister Mahrer. "Kleine Einzelmaßnahmen" würden jedenfalls nichts helfen. Vielmehr sieht Mahrer die Notwendigkeit einer Schwerpunktsetzung, etwa bei der Lehrlingsausbildung. Der von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) angekündigte "Jobgipfel" könne nur ein "erster Schritt" sein, so Mahrer.
Dass es in manchen angeblichen Mangelberufen mehr Bewerber als offene Stellen gebe, wie die Arbeiterkammer und die Gewerkschaften argumentieren, ließ der WKÖ-Chef so nicht gelten. Dies sei "polemisch", wenn den Betrieben de facto das Personal fehle.
Arbeiten trotz Beinbruch?
Eines der "Handlungsfelder" ortet die Wirtschaftskammer bei den Krankschreibungen. Sie fordert hier eine "tätigkeitsbezogene Krankschreibung für Phasen kürzerer Krankenstände". Als Beispiel nannte heute WKÖ-Arbeitsmarktexperte Martin Gleitsmann ein gebrochenes Bein, das trotzdem gewisse Bürotätigkeiten zulasse.
Bei der Einführung der Möglichkeit des 12-Stunden-Tages und der 60-Stunden Woche mit 1. September gebe es bisher noch keine Erfahrungswerte, so Mahrer. WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf meinte, es werde sich an der betrieblichen Praxis ohnehin kaum etwas ändern. Zum Teil sei nun legalisiert worden, was ohnehin schon auf betrieblicher Ebene ausgehandelt wurde, so Kopf am Dienstag vor Journalisten.