Bayer kann sich nach der Übernahme des Monsanto-Konzerns nun direkt in den Rechtsstreit um dessen Unkrautvernichter Glyphosat einschalten. Bayer habe jetzt die Möglichkeit, sich aktiv in die Verteidigung bei den Glyphosat-Verfahren einzubringen, erklärte der Konzern am Donnerstag. Auch könne Bayer nun die Integration des mit rund 63 Milliarden US-Dollar teuersten Zukaufs seiner Geschichte beginnen. Mit dem nun vollzogenen Verkauf von Geschäftsteilen an den deutschen Konkurrenten BASF sind die Voraussetzungen dafür erfüllt.
Bisher hatten die Leverkusener nicht freie Hand bei Monsanto, das US-Justizministerium hatte Auflagen formuliert, bis zu deren Erfüllung die Konzerne getrennt agieren mussten. Bayer hatte bei dem Zukauf zahlreiche kartellrechtliche Hürden aus dem Weg räumen müssen.
Die Milliardenübernahme war jüngst durch ein Urteil eines kalifornischen Geschworenengerichts überschattet worden, das Monsanto zu einer Schadensersatzzahlung von 289 Millionen Dollar (255,28 Millionen Euro) an einen an Krebs erkrankten Mann verurteilt hatte, der seine Diagnose auf das Unkrautvernichtungsmittel zurückführt. Bayer-Aktien verloren in der Folge deutlich an Boden, am Donnerstag setze sich der Verfall fort. Die Papiere notierten zeitweise bei einem Jahrestief von 75,50 Euro. Das kalifornische Geschworenengericht hatte es als erwiesen angesehen, dass Monsanto es versäumt habe, den an Krebs erkrankten Mann und andere Verbraucher vor den Risiken seiner Unkrautvernichter zu warnen.
Bayer geht Instanzenweg
Bayer erklärte nun, der Konzern sei "der Auffassung, dass die Entscheidung der Jury im Widerspruch zu bestehenden wissenschaftlichen Erkenntnissen, jahrzehntelangen praktischen Erfahrungen und den Einschätzungen von Regulierungsbehörden weltweit steht". Diese bestätigten, dass Glyphosat sicher sei.
Monsanto hatte bereits Rechtsmittel gegen das Urteil angekündigt. Bayer sei überzeugt, dass die Gerichte im weiteren Verfahrensverlauf zu dem Ergebnis kommen würden, dass Monsanto und Glyphosat für die Erkrankung des Mannes nicht verantwortlich seien, hieß es weiter. Der vollständige Abschluss der Monsanto-Übernahme eröffne Bayer nun die Möglichkeit, sich aktiv in die Verteidigung bei den Glyphosat-Verfahren und möglichen anderen Rechtsstreitigkeiten einzuschalten.
Monsanto sieht sich rund 5000 ähnlichen Klagen in den USA gegenüber. Glyphosat zählt weltweit zu den meist verwendeten Herbiziden. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hatte die Chemikalie 2015 als "wahrscheinlich krebserregend für den Menschen" eingestuft. Die US-Umweltschutzbehörde schloss dagegen 2017 eine jahrzehntelange Bewertung der Risiken von Glyphosat ab und erklärte, dass die Chemikalie für Menschen wahrscheinlich nicht krebserregend sei. In Deutschland dringt das Bundesumweltministerium darauf, dass Glyphosat ab 2021 nicht mehr verwendet werden darf. Der Ausstieg werde in Deutschland betrieben, weil Glyphosat die Artenvielfalt in der Natur beeinträchtige, hatte ein Sprecher am Montag gesagt.