Die von den USA verhängten Importzölle und die Gegenmaßnahmen vonseiten der EU und China lassen keine Entspannung der Lage erwarten. Bei einem globalen Handelskrieg "wird es nur Verlierer geben", befürchtet voestalpine-Chef Wolfgang Eder.
"Solange die Dinge unilateral amerikanisch bestimmt sind, hat man einen Gegner, auf den man sich konzentrieren kann", sagte er heute, Mittwoch, in einer Telefonkonferenz. Doch Retorsionsmaßnahmen in Form von Vergeltungszöllen sind längst eingeläutet. "Es wird kompliziert, ein Gefühl dafür zu bekommen, wie sich das auswirken wird", so der Konzernchef.
"Stellt das alles infrage"
Im Falle eines Handelskrieges "würden Strukturen infrage gestellt, die über die letzten 30, 40 Jahre aufgestellt wurden". In dieser Zeit sei "einiges gelungen", meinte er unter Verweis auf die wirtschaftliche Entwicklung der ehemals kommunistischen Länder in Osteuropa nach dem Fall des Eisernen Vorhangs und die Integration Chinas in die Weltwirtschaft. "Wenn es jetzt wirklich in einen Wirtschafts- und Handelskrieg gehen sollte, dann stellt das alles infrage."
Als "kritisches Signal" wertete Eder etwa auch, "was sich zwischen Saudi-Arabien und Kanada abspielt". Nach kanadischer Kritik an einer Festnahmewelle von Aktivistinnen für Zivilgesellschaft und Frauenrechte hat Saudi-Arabien den kanadischen Botschafter Dennis Horak ausgewiesen und seinen eigenen Botschafter aus Kanada zurückgerufen. Die Geschäftsbeziehungen würden eingefroren, teilte das saudi-arabische Außenministerium in der Nacht auf Montag mit.
Was die voestalpine betrifft gibt sich Eder angesichts der bereits erfolgten weiteren Eskalation des Zollkonflikts nach wie vor unbeeindruckt: "Was immer da kommt, wir haben keine Angst davor und werden uns dem stellen und das ohne größere Schrammen und Blessuren tun." Und weiter: "Das wird die voestalpine sicher nicht existenziell bedrohen - wir werden die Probleme mit den Kunden gemeinsam lösen." Gemeint sind damit Kundengespräche darüber, wer die zusätzliche finanzielle Belastung infolge der Zölle trägt.
Verlagerung von Produktionsschritten
Auf die Gewinne des Stahlkonzerns gebe es jedenfalls noch keine Auswirkungen: "Wir haben in sehr überschaubarem Rahmen Zölle bezahlt, aber die schlagen nicht auf das Ergebnis durch", betonte Eder. Er persönlich sei für die voestalpine "zuversichtlich, dass wir negative Effekte in den nächsten Monaten vermeiden können". Von den Antidumping-Maßnahmen seien nur 3 Prozent des Konzernumsatzes, also rund 400 Millionen Euro, betroffen.
Neben Kundengesprächen begegnet der oberösterreichische Stahlkonzern dem Strafzoll-Problem derzeit auch mit der Verlagerung von Produktionsschritten aus den USA in andere Regionen, etwa Mexiko. Darüber hinaus habe der Konzern in den USA um Ausnahmegenehmigungen angesucht. "Wir haben über 3.000 Anträge eingereicht", so Eder. "Wir haben bisher keine Antworten", räumte er gleichzeitig ein.
Er gehe davon aus, dass die Abarbeitung jetzt im August beginne. "Wir wissen, dass seit rund drei Wochen eher in überschaubarem Ausmaß erste Erledigungen bei anderen Unternehmen erfolgt sind." Und die voestalpine sei mit den Anträgen früh dran gewesen. Doch das Echo aus den USA lässt zu wünschen übrig: "Die Antworten sind bunt gemischt. Wir wissen, dass der größere Teil abgelehnt wurde." Doch wenn sein Konzern damit zumindest teilweise erfolgreich sei, also die USA einige hundert Anträge positiv beantworteten, "dann hat sich der Aufwand gelohnt", meinte Eder.