Die Demonstration ist unmittelbar vor dem Parlament-Ausweichquartier bei der Hofburg am Josefsplatz in Wien und vor dem geplanten Beschluss am morgigen Mittwoch ab 07:45 Uhr avisiert.
Das Motto lautet "Sie fallen um, wir stehen auf". Die Plattform "Anders Handeln" wurde initiiert von Attac, GLOBAL 2000, Südwind, den Gewerkschaften PRO-GE, vida und younion _ Die Daseinsgewerkschaft, der Katholischen ArbeitnehmerInnenbewegung sowie der ÖBV-Via Campesina Austria und wird laut eigenen Angaben von rund 50 weiteren Organisationen unterstützt.
Kritik von Arbeiterkammer und ÖGB
Neuerliche Kritik an CETA und dem Beschlussvorhaben der Bundesregierung kam am Dienstag auch von der Arbeiterkammer (AK) und vom Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB). Die AK untermauerte ihre ablehnende Haltung mit einer Studie, die sie bei Professor Konrad Lachmayer bestellt hat. Der Wissenschafter untersuchte das CETA-Abkommen und arbeitete das Ausmaß an Privilegien von Investoren heraus. Sein Ergebnis laut Aussendung der AK: CETA gewährt den internationalen Konzernen in mehrfacher Weise Vorteile in Österreich - vor allem auch gegenüber österreichischen Unternehmen. Dafür gebe es keine sachliche Rechtfertigung.
Der Investitionsschutz bietet laut der Untersuchung neben dem Schutz vor Enteignung auch einen allgemeineren Schutz für faire Behandlung, der zu hohen Entschädigungszahlungen führen kann. Demnach schütze CETA breitflächig Gewinnerwartungen, die erst in der Zukunft eintreten. Das Investitionsschutzrecht nach CETA kenne keine gestaffelten Entschädigungen und entschädigt nach dem "Alles oder Nichts-Prinzip" den vollen Marktwert der Investition. Die Reichweite des neu eingeführten "Regulierungsrechts" ("right to regulate"), mit dem auch Österreich nach CETA öffentliche Interessen wahren können soll, sei komplett unklar.
"Brauchen keine Zweiklassengesellschaft"
"Das österreichische und das kanadische Rechtssystem bieten in- und ausländischen Investoren in gleichem Maß den Schutz ihrer Rechte, und das ist gut so! Wir brauchen keine Zweiklassengesellschaft in unserem Rechtsstaat", sagte AK-Präsidentin Renate Anderl dazu. Sie hatte kürzlich auch gemeinsam mit den Präsidenten der Arbeiterkammern der Bundesländer in einem Offenen Brief an die Abgeordneten des National- und des Bundesrats appelliert, CETA nicht durchzuwinken. "Ich bin eine Anhängerin eines gerechten internationalen Handels. Daher brauchen wir kein CETA in dieser Form", so die AK-Chefin.
"CETA ist und bleibt ein Abkommen für Konzerne. Weder die privilegierten Klagerechte noch der mögliche Abbau von Sozial-, Arbeits- oder Umweltstandards wurden aus dem Abkommen entfernt", warnte Bernhard Achitz, Leitender Sekretär des ÖGB am Dienstag in einer Aussendung. "CETA zu ratifizieren ist daher voreilig und absolut unverständlich. Noch haben die Abgeordneten zum Nationalrat es in der Hand, CETA zu verhindern." Laut ÖGB wurden über die Plattform "Anders Handeln - Globalisierung gerecht gestalten" 1,5 Millionen Protest-E-Mails mit der Aufforderung, CETA nicht zu beschließen, an Abgeordnete gesendet.
SPÖ und Liste Pilz wollen morgen noch einmal eine Volksabstimmung zu CETA beantragen - nachdem das im Wirtschaftsausschuss mit Stimmen von ÖVP, FPÖ und NEOS abgelehnt worden war - und damit der FPÖ "die Chance geben, ihr Wahlversprechen einzuhalten", sagte SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder bei einer Pressekonferenz am Dienstag.
560.000 hatten Volksbegehren unterschrieben
Die ÖVP-FPÖ-Regierung und die NEOS wollen am morgigen 13. Juni im Nationalrat den CETA-Pakt endgültig absegnen, also auch jenem Teil zur Gültigkeit verhelfen, der nicht als EU-vergemeinschafteter Teil bereits gültig ist. Dann ist noch der Bundesrat am Zug und die Unterschrift des Bundespräsidenten notwendig. Die FPÖ war vor den Wahlen noch gegen CETA bzw. für eine zwingende Volksabstimmung. Das änderte sich mit dem Regierungsübereinkommen. Ein Volksbegehren gegen CETA und Co hatten im Jänner des Vorjahres mehr als 560.000 Österreicher unterschrieben.
Grundsätzlich ist CETA ein sogenanntes gemischtes Abkommen, da es Kompetenzen sowohl der Europäischen Union als auch der Mitgliedstaaten berührt. Daher bedarf es für ein endgültiges Inkrafttreten auch der Genehmigung durch sämtliche EU-Länder. Insbesondere die im Abkommen enthaltenen Sonderklagsrechte für Investoren werden erst nach Abschluss des Ratifizierungsprozesses in allen 28 EU-Staaten wirksam.