Auch Entschädigungseintreiber, die an verspäteten oder ausgefallenen Flügen mitverdienen, wenden sich immer öfter an die Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte (apf) des Verkehrsministeriums. Mittlerweile seien 15 Prozent der Beschwerden von solchen Claim-Firmen, sagte die apf-Leiterin Maria-Theresia Röhsler am Donnerstag in einer Pressekonferenz.
Glücklich ist Röhsler damit nicht: "Es ist schade und tut uns für die Beschwerdeführer leid, weil wir hätten es kostenlos machen können." Auch Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) appellierte: "Bitte geht gleich zur Agentur." Der Trend, dass sich auch Claim-Firmen an die apf wenden, sei 2017 noch nicht so stark gewesen, man habe eine Zunahme erst heuer bemerkt.
Die Passagierrechte-Agentur ist eine kostenlose und provisionsfreie Serviceeinrichtung des Bundes und fungiert als Schlichtungs- und Durchsetzungsstelle, an der die Fluggesellschaften zur Teilnahme verpflichtet sind. Claim-Firmen hingegen sind private und gewinnorientierte Unternehmen und verlangen für ihre Arbeit in der Regel eine Erfolgsprämie von 25 Prozent der Entschädigungszahlung.
Kommerzielle Eintreiber
Eine Handhabe dagegen, dass auch kommerzielle Entschädigungseintreiber ihre Fälle durch die apf lösen lassen, gibt es nicht. Grundsätzlich könne sich jeder betroffene Passagier nämlich auch vertreten lassen, ob von Verwandten, Bekannten oder eben Anwälten bzw. Claim-Firmen, wie Röhsler sagte.
Nötig sei eine Vertretung aber nicht, die apf biete den Passagieren telefonisch und schriftlich Hilfe an. 2017 seien 86 Prozent der Verfahren erfolgreich beendet worden, zog Röhsler Bilanz. Bei den Fällen, die negativ ausgingen, lag die Verspätung oder der Flugausfall oft an außergewöhnlichen Umständen, bei denen die Fluglinie nicht zahlen muss.
Die Entschädigungseintreiber AirHelp und Flightright betonen, dass sie die Dienste der öffentlichen Passagierrechte-Agentur nicht in Anspruch nehmen.
Das können Passagiere geltend machen
Röshler geht für das Jahr 2018 von einem Anstieg der Beschwerden aus, weil Claim-Firmen im Internet aggressiv für das Geltendmachen von Entschädigungsansprüchen werben. Laut EU-Fluggastrechteverordnung haben Passagiere einen Entschädigungsanspruch von 250 bis 600 Euro pro Person abhängig von der Flugdistanz. Dieser kann bis zu drei Jahre rückwirkend eingefordert werden.
Die Verfahren vor der apf dauern durchschnittlich 26 Tage, eine erste Antwort der Agentur gibt es im Schnitt nach 27 Stunden. Die meist rasche Lösung begründete Röhsler mit der guten Zusammenarbeit mit den Airlines. Zum Teil habe man eigene Ansprechstellen und eigens für die apf eingerichtete E-Mail-Adressen. Die Durchsetzung von Entschädigungsansprüchen funktioniere auch bei exotischen Fluglinien, bei denen man es nicht annehmen würde, sehr gut, so Röhsler.
2342 Verfahren in einem Jahr
Die apf ist nicht nur vor Flugreisen, sondern auch für Bahn, Bus und Schiff zuständig. Von den im Vorjahr 2.342 abgeschlossenen Verfahren betrafen 1.719 den Flugverkehr, 582 die Bahn, 40 entfielen auf Busreisen und ein einziges auf das Verkehrsmittel Schiff. Von den 2017 durch die apf erwirkten Entschädigungszahlungen in Höhe von 1,03 Millionen Euro entfielen 984.000 Euro auf den Flugbereich und 47.000 Euro auf die Bahn.
Bei der Bahn sind die Beschwerden 2017 das erste Mal seit längerem wieder gestiegen, weil die ÖBB, auf die über 95 Prozent der Bahn-Beschwerden entfallen, ihr Beschwerdemanagement umgestellt hätten und deshalb manche Antworten länger dauerten, erklärte Röhsler. Die apf kann - über die Internetseite www.passagier.at - erst eingeschaltet werden, wenn es vom Unternehmen sechs Wochen keine oder keine zufriedenstellende Antwort gibt.