Sparten wie der Motorradbauer Ducati oder der Getriebehersteller Renk kommen auf den Prüfstand. Ausgliederungen seien "denkbar", aber auch Erweiterungen und Wachstumsstrategien, erklärte der Manager am Donnerstag vor den Aktionären auf der Hauptversammlung in Berlin. Damit macht Diess klar, dass weder Verkäufe noch Börsengänge ausgeschlossen sind.
Für die nicht zum Kerngeschäft zählenden Geschäftsfelder - darunter auch MAN Diesel & Turbo, ein Anbieter von Großdieselmotoren - müssten "belastbare Zukunftsperspektiven" erarbeitet werden, kündigte er an. Das werde "in aller Ruhe und mit der gebotenen Gründlichkeit" geschehen.
Nutzfahrzeugsparte soll an Börse
Die Sparte der schweren Nutzfahrzeuge - Volkswagen Truck & Bus - wiederum solle weitgehend unabhängig von der Steuerung durch den Konzern aufgestellt und "in absehbarer Zeit" fit für die Börse gemacht werden. Nach Angaben von Spartenchef Andreas Renschler wird Volkswagen hier die Mehrheit der Anteile behalten.
Dauerhafter wirtschaftlicher Erfolg sei nur mit einer gesunden Unternehmenskultur möglich, betonte Diess. "Volkswagen muss in diesem Sinne noch ehrlicher, offener, wahrhaftiger, in einem Wort: anständiger werden." Der schon von Ex-Konzernchef Matthias Müller ausgerufene Kulturwandel für mehr Kritikfähigkeit und ethisches Verhalten - angestoßen nach dem Abgasskandal mit Millionen von manipulierten Dieselautos - ließ bisher aber viele Fragen offen.
Programm zum Kulturwandel
Der Vorstand hat laut Diess mit "Together4Integrity" ein Programm zum Kulturwandel auf den Weg gebracht. Das interne Hinweisgeber-System soll demnach ausgebaut, Fehlverhalten kompromisslos geahndet und integres Verhalten in den Mittelpunkt gestellt werden.
Zuvor hatte der von den US-Behörden nach dem Abgasskandal eingesetzte Aufpasser Larry Thompson in einem Bericht an das US-Justizministerium die interne Aufarbeitung der Affäre kritisiert. Thompson soll nach dem Abgasbetrug und dem Schuldeingeständnis des Konzerns in den USA sicherstellen, dass sich solches Verhalten nicht wiederholt.
Nötig seien belastbare Strukturen und Prozesse - "vor allem aber müssen wir auch danach handeln", verlangte Diess. "Mir ist es ein Anliegen, dass Volkswagen offen und transparent ist." Dazu gehöre es auch, unbequeme Wahrheiten auszusprechen: Den Weg zu einer offeneren Unternehmenskultur, in der Widerspruch belohnt statt erstickt werde, habe man unterschätzt. "Eine Portion Demut" mahnte der neue Chef an.
Ziel: Bei Entscheidungen schneller werden
Zugleich konkretisierte Diess, was er sich unter der neuen Konzernstruktur vorstellt - neben der möglichen Ausgliederung von Nicht-Kerngeschäften. Arbeitnehmervertreter hatten einen Verkauf von Renk, an dem die VW-Tochter MAN 76 Prozent hält, strikt abgelehnt. VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh fragte kürzlich mit Blick vor allem auf Ducati: "Warum sollen wir nicht zukaufen, uns Partner in China suchen, vielleicht auch da in die Elektromobilität einsteigen?"
Nach dem Willen des Vorstands soll Volkswagen bei Entscheidungen und deren Umsetzung schneller werden. Die Beschlusswege seien zu lang, zudem gebe es an vielen Stellen Doppelarbeit, erklärte Diess. Das solle anders werden: Die neuen Markengruppen heißen "Volumen" (VW, Skoda, Seat, leichte Nutzfahrzeuge, Mobilitätsdienstleister Moia), "Premium" (Audi, Porsche Holding Salzburg, Lamborghini, Ducati) und "Super Premium" (Porsche, Bentley, Bugatti).
70 neue Fahrzeugeim heurigen Jahr
2018 will der Konzern mehr als 70 neue Fahrzeuge auf den Markt bringen. Diess warnte mit Blick auf den neuen WLTP-Prüfzyklus vor möglichen Lieferengpässen. Er wies etwa auf die Kapazitäten der Genehmigungsbehörden hin. 2018 werde aber erneut ein gutes Jahr. Der Konzern bestätigte, dass die Erlöse um bis zu 5 Prozent steigen sollten, die operative Rendite - der Anteil des operativen Ergebnisses am Umsatz - werde zwischen 6,5 und 7,5 Prozent liegen.
Vor der Halle forderten Greenpeace-Aktivisten zu Beginn der Hauptversammlung, Volkswagen müsse sauberer werden. Auch die umstrittenen Tierversuche mit Affen prangerten sie an. "Herbert Diess muss bei VW endlich ein Großreinemachen anstoßen", sagte Greenpeace-Sprecher Niklas Schinerl. Er rief dazu auf, das Ende des Verbrennungsmotors einzuleiten.