Im Streit mit dem neuen Mutterkonzern PSA über den Erhalt von Arbeitsplätzen beim kriselnden Autobauer Opel ist die deutsche Bundesregierung den Arbeitnehmern zur Seite gesprungen. Arbeitsminister Hubertus Heil und Wirtschaftsminister Peter Altmaier telefonierten am Freitag mit Konzernchef Carlos Tavares.

Heil wollte darauf dringen, dass "alles Menschenmögliche" getan werde, damit Beschäftigung und Standorte in Deutschland gesichert würden. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel verfolge die Gespräche genau, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.

PSA-Chef Tavares und Opel-Chef Michael Lohscheller hätten "fruchtbare Diskussionen" mit Heil und Altmaier geführt, teilte Peugeot mit. Der Dialog sei "offen und konstruktiv" gewesen, und man teile das Interesse, an einer nachhaltigen Zukunft für Opel zu arbeiten. Peugeot sicherte zu, derzeit alle existierenden Tarifverträge einzuhalten und in alle deutschen Werke zu investieren, sobald die Leistungsanforderungen erfüllt würden.

Gewerkschaft kritisiert Management

Betriebsrat und IG Metall werfen dem Unternehmen nach gut einem halben Jahr ergebnisloser Verhandlungen vor, mit einem Kahlschlag in Deutschland die Marke mit dem Blitz zu gefährden. "Die Frage ist, wie viel von der Marke Opel am Ende übrig bleiben wird", kritisierte Betriebsratschef Wolfgang Schäfer-Klug am Freitag in Frankfurt.

Der Opel-Chef bekräftigte dagegen im "Darmstädter Echo": "Wir haben immer gesagt, dass es keine Werksschließungen und keine betriebsbedingten Kündigungen gibt. Und dazu stehen wir." Das Unternehmen pocht aber auf Lohnkürzungen, um die Arbeitskosten auf das niedrigere Niveau des Mutterkonzerns zu drücken. Die Arbeitnehmerseite ist dazu nur bereit, wenn es im Gegenzug Beschäftigungszusagen bis 2025 gibt. Das habe Opel bisher verweigert, erklärt die Gewerkschaft.

Vor allem das kleinste deutsche Werk in Eisenach mit seinen 1.800 Beschäftigten steht auf der Kippe, befürchtet die Gewerkschaft. Bisher habe das Unternehmen als Ersatz für wegfallende Modelle aus der Zeit unter dem Dach des US-Konzerns General Motors, von dem PSA Opel im August übernahm, nur das SUV Grandland geplant, sagte Berthold Huber, Ex-Chef der IG Metall und Berater der Gewerkschaft im Opel-Konflikt. Doch Eisenach brauche zwei Modelle und Arbeit in zwei Schichten, um auf Dauer zu bestehen. Das "Angebot" sei möglicherweise der "Tod von Eisenach". Tavares und Lohscheller hätten als Gegenleistung für Arbeit in Thüringen zudem allen gut 19.000 Beschäftigten die Tariferhöhung verweigern sowie Urlaubs- und Weihnachtsgeld kürzen wollen. "Das ist Erpressung", sagte Huber.

Stellenstreichungen in Wien

Opel-Standorte außerhalb Deutschlands erhielten unterdessen schon Zusagen für neue Modelle und Produkte, meist bezahlten sie dafür mit Zugeständnissen bei Lohn und Arbeitszeit. Im Opel-Werk in Wien-Aspern werden rund zehn Prozent der 1.400 Stellen gestrichen, wie seit Anfang April bekannt ist. Im Wiener Werk werden werden Motoren und Getriebe hergestellt.

Die Gewerkschafter aus Großbritannien und aus Frankreich, wo der PSA-Chef schon einen harten Sparkurs durchsetzte, kritisierten die deutsche Gewerkschaft IG Metall. "Die scheinen die Last auf den Rest der Gruppe abwälzen zu wollen", sagte Christian Faye von der Gewerkschaft Force Ouvriere. Die FO werde das nicht zulassen. Im Werk der Opel-Schwestermarke Vauxhall in Luton begnügten sich die Arbeitnehmer mit 1,5 Prozent Lohnerhöhung und akzeptieren flexiblere Arbeitszeiten. Wenn die Deutschen nicht ähnlich wie die Briten einen Beitrag zur Erholung des Unternehmens leisteten, wären seine Mitglieder sauer, erklärte Gary Reay von der Gewerkschaft Unite.

Starker Personalabgang

Nach Worten von Schäfer-Klug plant der französische Mutterkonzern PSA bis zum Ende des Jahrzehnts 3.700 der rund 19.000 Stellen bei Opel in Deutschland zu streichen. Bisher hätten aber schon 2.000 Mitarbeiter die Programme zum freiwilligen Ausscheiden, etwa über einen Vorruhestand, angenommen. Nach Einschätzung des Betriebsrates kämen bis 2020 noch 2.000 Abgänge hinzu. Damit wäre der von PSA geforderte Personalkostenabbau schon erfüllt und kein Grund zu Lohnkürzungen der verbleibenden Beschäftigten. Was bisher an Vorschlägen für Produkte bis 2020 auf dem Tisch liege, würde rechnerisch nur 1.800 Stellen in Deutschland sichern, sagte Schäfer-Klug. Das Unternehmen wollte zu den Zahlen keine Stellung nehmen.

Mittlerweile bekomme Opel eher Probleme, genug Leute zu halten. Es gebe einen "Massenexodus", sagte Schäfer-Klug. "Die Leute wollen nichts wie weg." Dennoch schlug die Arbeitnehmerseite die Tür zu Verhandlungen nicht zu, wie auch zuvor schon Lohscheller weitere Gesprächsbereitschaft erklärte hatte. Als Voraussetzung forderte Schäfer-Klug ein neues Angebot statt nur ein "Diktat" vom Mutterkonzern, dafür solle auch mit einer Protestaktion in Eisenach am Dienstag Druck gemacht werden.