Zwar wurde am Dienstag erst mehr als drei Stunden nach dem Handelsauftakt der New York Stock Exchange (NYSE) ein offizieller Einstandskurs von 165,90 US-Dollar für die Aktien des schwedischen Unternehmens ermittelt. Doch die Nachfrage der Anleger war groß - die Papiere eröffneten 26 Prozent über dem von der NYSE gesetzten Referenzkurs von 132 Dollar.
Damit wurde das Unternehmen an der Börse zum Auftakt insgesamt mit 29,6 Milliarden Dollar (24,1 Milliarden Euro) bewertet. Auch wenn der Kurs zuletzt wieder etwas schwächer bei rund 160 Dollar notierte, werden die Aktien noch deutlich höher gehandelt bei privaten Transaktionen vor dem Börsengang. Analysten hatten Spotify trotz chronischer Verluste eine Bewertung von rund 20 Milliarden Dollar zugetraut. Der Schlusskurs des ersten Handelstages lag bei knapp 150 US-Dollar - ein Plus von mehr als 13 Prozent im Vergleich zum Referenzkurs.
Parallelenzu Netflix
Das Unternehmen ist mit zuletzt 71 Millionen zahlenden Abo-Kunden und 159 Nutzern insgesamt zwar die klare Nummer eins im Musik-Streaming, schreibt allerdings seit seiner Gründung 2006 rote Zahlen. Trotz starken Wachstums - der Umsatz kletterte 2017 um fast 39 Prozent - nahm der operative Verlust von 349 Millionen auf 378 Millionen Dollar zu. 2018 will Spotify die 200-Millionen-Nutzer-Marke knacken, rechnet aber mit einem Minus von 230 bis 330 Millionen Dollar.
Um Anleger vor dem Börsendebüt zu überzeugen, verglich sich Spotify mit Netflix. Firmenchef Daniel Ek hatte mit Barry McCarthy ausgerechnet den Mann als Finanzchef verpflichtet, der 2002 bereits den heutigen Marktführer im Video-Streaming an die Börse brachte. Parallelen gibt es durchaus: Bevor Netflix zum Inbegriff einer neuen Fernsehkultur wurde, die ohne klassische Kabelanbieter auskommt, schrieb das Unternehmen auch lange Zeit rote Zahlen. Heute ist Netflix profitabel und an der Börse mehr als 123 Milliarden Dollar wert.
Es gibt aber einen wesentlichen Unterschied, der Zweifel an einer Erfolgsstory wie bei Netflix aufkommen lässt. Denn der Spotify-Boom füttert bisher vor allem die Rechtebesitzer der Musik, die der Streamingdienst seinen Kunden anbietet. Während Netflix sich mit eigenen Inhalten zum Angstgegner von Unterhaltungsriesen wie Disney oder Time Warner aufbaute, ist Spotify abhängig von den großen Labels Sony Music, Warner und Universal Music.
Ungewöhnliches Verfahren der Direktplatzierung
Dass sich der Handelsstart der Anteilsscheine an der New Yorker Börse so lange hinzog, lag auch an dem ungewöhnlichen Verfahren der Direktplatzierung, das Spotify gewählt hatte. Die Schweden verzichteten weitgehend auf die - für eine Firma ihrer Größenordnung eigentlich übliche - Betreuung durch Investmentbanken.
Spotify ließ sich zwar von Goldman Sachs und Morgan Stanley beraten. Doch statt die Wall-Street-Häuser mit der Aktienausgabe und der kursstabilisierenden Platzierung bei Großinvestoren und dem dazugehörigen Preisbildungsprozess zu betrauen, wurde einfach ein Teil der bestehenden Anteilscheine direkt an der Börse gelistet. Dadurch sparte die Firma Kosten, sammelte aber auch kein frisches Aktienkapital ein und nahm Ungewissheit zum Handelsauftakt in Kauf.