Jeden Tag rund 50 Millionen Stunden weniger: So viel ihrer Zeit haben Facebook-Nutzer dem sozialen Netzwerk zuletzt vorenthalten. Trotz eines kräftigen Gewinnzuwachses, den Facebook am Mittwoch verkündete, reagierten Anleger auf diese Entwicklung verunsichert. Doch in den Augen von Facebook-Chef Mark Zuckerberg ist die geringere Verweildauer durchaus positiv.
Zuckerberg hat Sorgen weggewischt, das Wachstum des weltgrößten Internetnetzwerkes könnte sich abschwächen. Die jüngsten Veränderungen wie etwa eine geringere Zahl von Videos hätten sich zwar auf die Verweildauer von Nutzern ausgewirkt, sagte Zuckerberg am Mittwochabend bei der Vorstellung der Quartalsbilanz. Diese habe sich zum Vorquartal um rund 50 Millionen Stunden pro Tag reduziert. Allerdings sei nicht die Zeitdauer, sondern die Qualität der Nutzung entscheidend - auch für Werbekunden. Finanzchef David Wehner betonte, Facebook habe im Schlussquartal seine durchschnittlichen Anzeigenpreise um 43 Prozent angehoben. Nach anfänglichen Verlusten drehte die Facebook-Aktie daraufhin nachbörslich ins Plus und legte um 1,4 Prozent zu.
Usetime entscheidend
Die Zeit, die Menschen auf einer Plattform wie Facebook, Snapchat oder Twitter verbringen, ist ebenso wie die Intensität entscheidend für Werbekunden, die mit ihren Anzeigen das größtmögliche Publikum ansprechen wollen. Ob Snapchat oder andere Anbieter letztlich als Profiteure aus der Teilüberholung des zentralen "News Feed" bei Facebook hervorgehen, ist noch unklar. Die fürs operative Geschäft zuständige Managerin Sheryl Sandberg versicherte jedenfalls, durch die Neuerungen entstünden "mehr Möglichkeiten zur Monetarisierung". Analysten sahen dies ähnlich. Die geringere Verweildauer müsse sich letztlich nicht negativ auswirken, sagte Pivotal-Experte Brian Wieser. Die meisten Börsianer ignorierten zudem, dass in dem wichtigen US-Heimatmarkt sowie in Kanada erstmals seit der Gründung von Facebook die Zahl der täglichen Nutzer um 700.000 auf 184 Millionen zurückgegangen ist.
Insgesamt meldete Facebook ein sattes Gewinnplus: Ungeachtet einer hohen Steuerlast und trotz zahlreicher Neueinstellungen stieg der Nettogewinn im vierten Quartal 2017 um 20 Prozent auf 4,3 Milliarden Dollar (3,5 Milliarden Euro). Wegen der US-Steuerreform hat das Unternehmen nach eigenen Angaben seine Rückstellungen um 2,27 Milliarden Dollar erhöht. Im gesamten Jahr erhöhte sich der Gewinn um 56 Prozent auf fast 16 Milliarden Dollar.
Erlöse und Ausgaben steigen
Die Erlöse stiegen im vierten Quartal um 47 Prozent auf knapp 12,97 Milliarden Dollar. Dabei kamen 98 Prozent der Einnahmen aus dem Verkauf von Anzeigen, größtenteils für Werbung auf mobilen Geräten. Facebook gibt sein Geld derzeit mit vollen Händen aus. Laut Wehner werden die Ausgaben im laufenden Jahr um 45 bis 60 Prozent zulegen. Die Investitionen des Netzwerks, zu dem auch Whatsapp und Instagram gehören, lagen im Schlussquartal bereits bei 2,26 Milliarden Dollar.
Facebook sieht sich derzeit an vielen Ecken mit Gegenwind konfrontiert. Zum einen geht es um russische Einmischung in den US-Wahlkampf 2016. Beiträge von teils gefälschten Nutzerprofilen erreichten rund 126 Millionen Nutzer. Dies brachte den Konzern ins Visier des US-Kongresses und führte zu zahlreichen Veränderungen bei dem Netzwerk. Der Konzern will nun gegen Desinformationen bei Wahlkampagnen, aber auch im Alltag kämpfen. So kündigte Facebook bereits vor einige Zeit an, die Zahl der Mitarbeiter, die sich mit dem Thema Sicherheit beschäftigen, auf 20.000 zu verdoppeln.
Datenschutzregeln offener kommunizieren
Ebenfalls für einige Kosten dürfte die Transparenzoffensive in Europa sorgen. Zum Start der neuen EU-Datenschutzgrundverordnung wird Facebook verpflichtet, seine Datenschutzregeln offener darzulegen. Der Konzern veröffentlichte die Bestimmungen erstmals und legte gleichzeitig eine Informationskampagne auf. Zudem ist es künftig möglich, die gesamten Einstellungen zur Privatsphäre zentral zu bearbeiten.
"Menschen dabei zu helfen, sich miteinander zu verbinden, ist wichtiger, als die Zeit zu maximieren, die sie auf Facebook verbringen", sagte Zuckerberg. "2017 war ein starkes Jahr für Facebook, aber es war auch ein hartes", erklärte der Facebook-Chef. 2018 wolle sich das Unternehmen darauf konzentrieren, "dass Facebook nicht nur Spaß macht, sondern auch gut für das Wohlbefinden der Menschen und für die Gesellschaft ist".