Wie weit sind NIOs Bemühungen für autonomes, Fahren mit Elektroautomobilen gediehen?
ANGELIKA SODIAN: NIO ist ein chinesisch-globales Start-up, das im März 2015 in Schanghai operativ gestartet ist. Aktuell sind vier Produkte im Markt. Eines ist unser Formel-E-Team, das in meiner Verantwortung steht. Das zweite das EP 9 – ein Performance-Fahrzeug, das schnellste Elektrofahrzeug der Welt, es beschleunigt in 6,43 Sekunden von 0 auf 200. EVE ist eine innovative autonome Konzeptstudie, die wir im März in Austin präsentiert haben. Das Ziel ist, dass dieses Fahrzeug schon 2020 am nordamerikanischen Markt im alltäglichen Straßenverkehr autonom fahren wird.
Und das vierte Modell?
Der NIO ES8, unser wichtigstes Fahrzeug für den chinesischen Markt. Wir launchen das erste Massenfahrzeug, ein siebensitziges elektrisches SUV, demnächst auf dem chinesischen Markt. Am 16. Dezember haben wir den NIO-Day, wo wir alle Informationen dazu bekannt geben werden. Sicher ist, wir werden den ES 8 im Jänner 2018 am chinesischen Markt einführen.
Innovationskongress: Die Zukunft gehört der künstlichen Intelligenz
Es wird das erste NIO-Serienfahrzeug?
Der EP9 wurde Kleinstserie eingeführt. Vom ES8 werden fürs erste 10.000 Stück produziert. Das Ziel sind dann 100.000 Fahrzeuge pro Jahr.
Kann man NIO als chinesischen Tesla bezeichnen?
Das passt in gewisser Weise. Wir schätzen Tesla sehr, weil es den Markt bereitet hat. Wir sehen uns aber doch noch einmal anders als Tesla, wir sind nochmal innovativer und im Gesamtkonzept mehr vernetzt. Wir sind mehr als eine Autofirma. Es geht um Nutzererlebnis und Customizing. Das gesamte Ökosystem sollte für den Nutzer noch einmal vollständiger sein.
100.000 Fahrzeuge, nur für den chinesischen Markt?
Fürs erste. Alles Weitere wird sich in den nächsten Wochen und Monaten entscheiden. Wir wollen bewusst in den ersten drei Monaten der Auslieferung den chinesischen und die relevanten Nachbarmärkte mit Hongkong, Südkorea und Singapur beobachten. Europa ist dann 2019 oder 2020 ein Thema.
Was kann man unter Ihrer cloudbasierten Lösung bei NIO verstehen?
Unsere Künstliche Intelligenz namens NOMI wird sie jeden Morgen, wenn sie in die Garage gehen, begrüßen und mit der Zeit lernen, ihr Gesicht zu lesen, ihre Muster zu erkennen und aus Ihrem Verhalten, Ihrer Stimme und Gesichtszügen Ihre Verfassung abzuleiten. NOMI wird eine emotionale Beziehung mit den Autoeigentümern eingehen. Die Idee ist, dass sich NOMI mit der eigenen Cloud vernetzt und mit Makrodaten etwa zur Verkehrslage upgedatet wird. NOMI wird Ihnen Vorschläge für Entscheidungen bringen und Ihr Leben hoffentlich angenehmer und freudvoller gestalten.
Der ES8 fährt elektrisch, aber nicht autonom?
Nein, autonom fährt nur der EVE. Das ist unsere automobile Vision.
Wie kamen Sie zu NIO?
Ich komme aus der traditionellen Autoindustrie, war vier Jahre lang bei Magna Steyr in Graz und bin über Magna Steyr nach Schanghai gekommen. Ich habe dort meine eigene Unternehmensberatung gegründet und Automobilhersteller beraten. Ich bin dann bei einem unserer Kunden eingestiegen, habe das NIO-Designcenter in München aufgebaut und bin dann nach England und leite dort das Formel E-Team.
Wie arbeiten Sie mit Ihrem Rennteam?
Die Formel E ist im Wesentlichen eine elektrische Formel 1. Wir starten jetzt in die vierte Saison, starten in elf Städten. Der große Unterschied: Formel E ist elektrisch, fährt nur in den Städten uns ist eine starke Marketingplattform, in der Technologie und Umweltfreundlichkeit dargestellt werden. In der übernächsten Saison steigen auch BMW und Porsche ein. Wir haben zwei Fahrer und vier Autos. Die Batterie lässt es aktuell noch nicht zu, mit einem Auto ein ganzes Rennen zu absolvieren. In zwei Jahren ändert sich das – dann sind wir technologisch so weit, dass man mit einem Auto durchgefahren kann. Wir hatten als NIO einen sehr guten Start –Nelson Piquet Junior wurde Weltmeister.
Wie schnell werden elektrische bzw. autonome Fahrzuege zum Straßenbild gehören?
Elektrische Fahrzeuge in China sehr schnell, weil wir hier andere Richtlinien haben. Die Rahmenbedingungen sind ganz andere als hier in Europa: Dazu zählen Phänomene wie Umweltverschmutzung, politischer Druck und Subventionen. Italien, Niederlande Skandinavien zeigen, dass sich auch in Europa sehr viel tut. Ich glaube, dass sich elektrische Fahrzeuge sehr viel schneller durchsetzen werden als autonome. In Europa mangelt es noch stark an der Infrastruktur für elektrische Fahrzeuge, aber auch hier tut sich viel. Unser Ziel ist der Autonomielevel 4.0 schon 2020 in Amerika.
Das heißt?
Ein selbstfahrendes, intelligentes Fahrzeug, wo man noch eingreifen kann, aber nur in Extremsituationen. Das Auto hat sämtliche Daten gespeichert und ist so weit programmiert, dass es menschliche Entscheidungsprozesse simulieren kann.
Wie oft sind Sie in Kärnten? Aus London geht es ja deutlich schneller als aus China.
Aktuell immer öfter, ich bin auch von Schanghai einmal im Quartal nach Hause gekommen, mein Kärnten-Bezug ist also sehr lebendig