Weltweit wird die Nachfrage nach Biotreibstoffen immer größer. Mit einem in der Steiermark entwickelten Verfahren können Holzabfälle oder Stroh zu hochwertigen dieselartigen Treibstoffen umgewandelt werden. Dabei wird die Biomasse in den herkömmlichen Produktionsweg eingeschleust und zusammen mit einem Zwischenprodukt der Erdölraffination gecrackt.
Das neue Verfahren basiert grundsätzlich auf einer Flüssigphasen-Pyrolyse. Dabei wird die Biomasse ohne Zufuhr von zusätzlichem Sauerstoff in einem flüssigen Trägermedium bei mehr als 300 Grad Celsius erhitzt, schilderte Nikolaus Schwaiger gegenüber der APA. Er hat mit seinem Forschungsteam am Institut für Chemische Verfahrenstechnik und Umwelttechnik der TU Graz, das sich seit mehr als zehn Jahren mit der Flüssigphasen-Pyrolyse beschäftigt, das daraus abgeleitete bioCRACK-Verfahren mitentwickelt. Der steirische Biogas- und Biodiesel-Anlagenbauer BDI - BioEnergy International AG hat es bereits patentieren lassen.
Hauptvorteil der Flüssigphasen-Pyrolyse ist eine direkte Umsetzung von fester Biomasse in flüssige und feste Kohlenwasserstoffe in einem technisch relativ einfachen Prozessschritt, nachteilig ist die Spaltung der Trägerflüssigkeit. Hier genau setzt das Erfolgsrezept des bioCRACK-Prozesses an: Es spaltet zeitgleich die Biomasse und ein Trägeröl, dessen Spaltung erwünscht ist.
Erdölprodukt als Träger
Die Grazer nutzen sogenanntes Vakuumgasöl (Vaccum Gas Oil, VGO) als Trägeröl. Es ist laut Schwaiger ein Zwischenprodukt der Erdölraffination, das einen hohen Siedebereich aufweist und bei Raumtemperatur eine Konsistenz wie Margarine habe. Bisher wurde das mineralische Schweröl unter hoher Temperatur und Druck aufwendig gespalten - und dabei in diesel- und vor allem benzinhaltige Treibstofffraktionen weiterverarbeitet.
In einer Pilotanlage bei der OMV in Schwechat wurde die Umsetzung von rund 100 Kilogramm pro Stunde fester Biomasse und schwersiedendem VGO bereits zwei Jahre getestet. Das Verfahren und Testergebnisse zur optimalen Reaktionstemperatur und Zusammensetzung der Biomasse hat die Grazer Gruppe in der jüngsten Ausgabe des Fachmagazins "Royal Society Open Science" veröffentlicht. "Der nächste Schritt wäre eine Demonstrationsanlage. Für einen wirtschaftlichen Betrieb müsste das bioCRACK-Verfahren im industriellen Maßstab untersucht werden", betonte die Erstautorin Klara Treusch von BDI, die über das Thema an der TU Graz dissertiert.
Im Verfahren wird Abfallholz oder auch Weizenstroh oder Schilfgras - ohne Sauerstoff - im Vakuumgasöl erhitzt. So lange, bis die Biomasse und das Vakuumgasöl "gecrackt" werden, das heißt, die Makromoleküle in kleinere Bruchstücke zerlegt werden. Bei 390 Grad Celsius wurden nahezu 40 Gewichtsprozent biogener Kohlenstoff in rohe Kohlenwasserstofffraktionen überführt.
Zehn Prozent Bio-Anteil
Das wichtigste Produkt ist das bioCRACK-Öl. Darin befinden sich rund 21 Prozent des eingesetzten biogenen Kohlenstoffs. Es besteht aus gecracktem VGO und den Zerlegungsprodukten der Biomasse. "So entsteht ein Treibstoff mit etwa zehn Prozent biogenem Anteil, der in einer Raffinerie direkt weiterverarbeitet werden kann. 15 Prozent des biogenen Kohlenstoffs lösen sich in das nicht-gecrackte Trägeröl. Dieses könne in einem weiteren Prozessschritt in der Raffinerie zu Treibstoff "upgegradet" werden, erklärte Schwaiger. Im Labormaßstab gelang es auch bereits, die biogene Kohle zu verflüssigen.
Zusätzlich entsteht Flüssigphasenpyrolyse-Öl, das durch seinen hohen Sauerstoff- und Säureanteil und sehr hohen Wassergehalt nicht direkt als Energieträger oder Biotreibstoff einsetzbar ist. Die flüssige Komponente muss von Sauerstoff und Wasserstoff befreit werden (Hydrodeoxygenierung), um als Treibstoff nutzbar zu sein. Im Projekt "bioBOOST plus" soll diese Technologie nun praxistauglich werden.
(S E R V I C E - "Diesel production from lignocellulosic feed: the bioCRACK process", http://rsos.royalsocietypublishing.org/content/4/11/171122 )