Statistisch ist das Bild eindeutig: Erst zu Wochenbeginn veröffentlichte die Statistik Austria die aktuelle Inflationsrate von 2,1 Prozent. Wohnungsmieten stiegen im Jahresvergleich doppelt so stark – um 4,1 Prozent. Doch selbst in Zeiten, in denen es kaum Inflation in Österreich gab, scherte dieser Wert verlässlich nach oben hin aus. Das zeigte sich etwa im Gesamtjahr 2015: Damals lag die Inflationsrate bei 0,9 Prozent; die Mieten zogen indes um 4,4 Prozent an. Auch die langjährigen Entwicklungen sprechen statistisch eine eindeutige Sprache (siehe Grafik). Während der Befund also weitgehend außer Streit steht, gehen die Ansätze sowohl bei der Ursachenforschung als auch bei den Lösungsvorschlägen teils diametral auseinander.
Der Vorstoß von Bundeskanzler Christian Kern zur Vereinheitlichung des Mietrechts (siehe links) dürfte heute im Nationalrat zwar keine Mehrheit erhalten, eine Debatte hat er aber bereits entzündet. Während es beispielsweise vom Pensionistenverband sowie Konsumentenschützern der AK Beifall gibt, lehnt die Vermieterseite diesen Ansatz kategorisch ab.
Niedrige Zinsen, hohe Immobilienpreise
Wo liegen die Hauptgründe für die Mietpreisentwicklung der vergangenen Jahre? Als Hauptgründe nennen Ökonomen den starken Zuzug in Ballungszentren sowie die niedrigen Zinsen. Sie sorgen zum einen dafür, dass Immobilien seit Jahren als renditestärkere Anlageobjekte gesehen werden. Auf der anderen Seite sind Immobilienfinanzierungen dadurch derzeit sehr günstig. Grund für die steigenden Mieten und Kaufpreise ist aber auch ein Mangel an Wohnungen in Ballungsräumen, der Wohnbau konnte jahrelang nicht mit dem Zuzug – aus den ländlichen Regionen, aber auch aus dem Ausland – mithalten.
Daher spielen etwa die Immobilientreuhänder in der Wirtschaftskammer den Ball zurück an die Politik. „Das Angebot am Wohnungsmarkt ist knapp, weil es zu wenig Angebot gibt“, sagt Vize-Fachgruppenobmann Gerald Gollenz. Viel zu lange habe die Politik den Zuzug in die Städte und die Migration ignoriert und viel zu wenige Akzente für vermehrten Wohnungsbau gesetzt und stattdessen mit immensen Auflagen den Wohnbau sogar gebremst, so der zugespitzte Vorwurf aus der Immobilienszene. Und man fragt sich, warum Private die politischen Versäumnisse der vergangenen Jahre ausbaden sollen.
Auch im Verband gemeinnütziger Bauvereinigungen (GBV) ortet man massiven Nachholbedarf – konkret an geförderten Mietwohnungen. In der Vergangenheit sei im Schnitt auf jeweils zwei zusätzliche Haushalte eine geförderte Mietwohnung gekommen. In den letzten fünf Jahren habe sich bei jeweils 14.000 geförderten Mietwohnungen dieses Verhältnis von 50 auf 37 Prozent reduziert. „Wir schleppen seit Jahren eine Förderlücke in diesem Wohnungssegment mit“, betonte zuletzt Verbandsobmann Karl Wurm. Auch die Knappheit an erschwinglichen Grundstücken habe den sozialen Wohnbau in den letzten Jahren stark unter Druck gebracht.
Leerstand droht
Wer wird dann noch investieren, wer noch vermieten, fragt sich auch Alexander Klein vom Österreichischen Haus- und Grundbesitzerbund. Stattdessen würden viele Wohnungen einfach vom Markt verschwinden, weil es dann für viele Vermieter nicht mehr lukrativ sei, zu vermieten. Die Front gegen eine gesetzlich gebremste Miete, wie sie die SPÖ jetzt ins Spiel bringt, ist demnach dicht. „Ein Schwachsinn“, wettert WK-Branchensprecher Gollenz.
Auf Vermieterseite hat man auch schon den eigentlichen „Schuldigen“ an den steigenden Wohnkosten gefunden: Das seien weniger Nettomieten, sondern vielmehr die Betriebskosten. Statistisch hält diese Argumentation freilich bedingt. Denn sowohl Nettomieten als auch Betriebskosten haben laut Statistik Austria seit 2012 stark zugelegt