Eine Umfrage des ÖGB unter Lehrlingen zeigt, dass es in einigen Branchen negative Entwicklungen gibt. Ein Beispiel sind die Überstunden. Laut Lehrlingsmonitor des ÖGB leisten 27 Prozent der Lehrlinge in Gastronomie und Tourismus unbezahlte Überstunden. Zum Vergleich: In der Industrie sind es nur zwei Prozent.
Und selbst bei den bezahlten Stunden scheint nicht alles rund zu laufen. Laut Umfrage verrichtet ein Drittel der Lehrlinge häufig ausbildungsfremde Tätigkeiten. Jeder Fünfte gab an, dass er keine Unterstützung bei der Lehrabschlussprüfung bekomme. Und nur 26 Prozent hätten in ihrer Lehrzeit eine Zusatzausbildung erhalten. 41 Prozent gaben an, dass es keine Zeitaufzeichnung gibt oder sie diese nicht kennen.
Berufs-Drop-Outs
Letztendlich wollen 31 Prozent der Lehrlinge nach Beendigung der Ausbildung nicht mehr in ihrem Beruf arbeiten, besonders hoch sei dies im Einzelhandel, in der Gastronomie, im Karosseriebau und bei Tischlern.
Insgesamt gibt es in Österreich knapp 84.000 Ausbildungsbetriebe, Tendenz sinkend. Dazu kommen knapp 9.000 überbetriebliche Ausbildungsstätten, auch diese wurden gegenüber 2016 weniger. Aber auch die Zahl der Lehrlinge sinkt: Von 2016 auf 2017 um 1,8 Prozent auf 92.567 Auszubildende.
"Jedes Jahr fangen um rund 16 Prozent weniger junge Menschen eine Lehre an und jährlich verabschieden sich ca. 1.500 Betriebe aus der Lehrlingsausbildung", rechnete Sabine Jungwirth, Wirtschaftssprecherin der Grünen, heute in einer Aussendung vor. Auch sie kritisiert die Internatskosten und fordert einen Lehrlingsfonds, in den alle Betriebe einzahlen und von dem aus alle Ausbildungskosten getragen werden. Und auch Julia Herr, Vorsitzende der Sozialistischen Jugend Österreich, schloss sich heute dem Wunsch nach einem Gratis-Internat an.
Hohe Kosten für Internate
Ein weiteres Problem sind die Internate bei den Berufsschulen. 41 Prozent der Lehrlinge müssen den Aufenthalt selber bezahlen. Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) fordert daher Gratis-Internate für Lehrlinge. Weiters beharrt er auf einem Gratis-Führerschein, da Lehrlinge oft zu morgendlichen Stunden zu arbeiten beginnen müssten, wenn die Öffi-Versorgung am Land noch sehr schlecht sei.
Des weiteren verwies Stöger darauf, dass von den Arbeitssuchenden immer mehr Mobilität gefordert wird, diese aber auch ermöglicht werden muss. Wobei der Erwerb eines Führerscheins - inklusive Nebenkosten wie Erste Hilfe-Kurs - bis zu knapp 2.000 Euro kosten könne. Dazu kämen dann noch Internatskosten von 800 bis 1.000 Euro pro Jahr.
Geringe Entschädigung
Mario Drapela, Bundesjugendvorsitzender der Gewerkschaft vida, erinnerte heute daran, dass bei geringer Lehrlingsentschädigung wie in der Gastronomie, Hotellerie und bei Friseuren die Bezahlung oft das ganze Einkommen auffressen würde. Und Rainer Wimmer, Vorsitzender der Produktionsgewerkschaft ProGe, erinnerte die Arbeitgeber daran, dass die von ihnen geforderten flexiblen Arbeitszeiten eben auch eine entsprechende Mobilität, und daher oft einen Führerschein erfordere - dessen Erwerb für Lehrlinge gratis sein sollte.
Der Anspielung auf die Forderung nach flexibleren Arbeitszeiten kam nicht von ungefähr, denn in zwei Wochen starten ProGe und die Dienstleistungsgewerkschaft GPA die Herbstlohnrunde mit der Übergabe der Forderungen an die Metallindustrie.
Da im Regelfall drei bis vier Verhandlungsrunden für eine Einigung auf den Metaller-KV erforderlich sind, könnte das Finale auf die Tage der Nationalratswahl fallen. Dass dies Einfluss auf die ohnehin immer sehr zähen und von Streikdrohungen begleiteten Kollektivvertragsverhandlungen haben könnte, glaubt Stöger nicht. "Die Sozialpartner werden vernünftig damit umgehen", meinte er heute am Rande einer Pressekonferenz in Wien.