Der beschauliche Thermenort Bad Blumau ist derzeit so etwas wie die gemüsebauliche Nahkampfzone der heimischen Lebensmittelketten. Während wie berichtet an der burgenländischen Grenze die Firma Frutura auf bald mehr als 20 Hektar geothermisch beheizter Glashausfläche exklusiv für Spar Paradeiser, Paprika und Gurken produziert, setzt in fast unmittelbarer Nachbarschaft Gemüsebauer Fritz Rauer auf völlig neue Nischen und hat für seine Pläne nun die Handelsriesen Rewe (mit Billa, Merkur, Adeg und Penny) und Hofer gewinnen können.
"Mega-Trend Superfood"
Rauer eröffnete kürzlich die erste EU-zertifizierte und biologische Grünsprossen- und Keimlings-Herstellungsanlage Österreichs. „Superfood ist ein Mega-Trend“, sagt Rauer, „und beim Keimen versiebzigfacht sich der Vitamin- und Mineralstoffgehalt der Pflanze. Daher bin ich überzeugt, dass es genug Nachfrage geben wird.“
Die ersten Produkte – Radieschensprossen, Scharfmachersprossen und Lauchsprossen – gibt’s bei Billa in Kärnten und der Steiermark seit acht Wochen in den Regalen. „Im nächsten Schritt ist eine nationale Ausweitung angedacht. Danach wollen wir weitere Produkte testen und nach Möglichkeit auch bei anderen Rewe-Unternehmen listen“, erklärten Rewe-Prokurist Hans Regner und der Obst-/Gemüse-Einkaufschef bei Billa, Wolfgang Gartner, bei einem Besuch in Rauers Anlage.
Auf 18.000 Quadratmetern sind hier in nur einem Jahr Bauzeit die Gebäude für die Bio-Sprossenproduktion (in waschtrommelartigen Behältern werden Samen kontrolliert zum Keimen gebracht), Doppelfolienhäuser (hauptsächlich für Pflück- und Schnittsalatanbau) und eine Wasch- sowie Schnittanlage für die Salate entstanden.
Energieautarke Produktion
Für die Handelskette Hofer produziert Rauer künftig Winterpflücksalate, die fixfertig gewaschen und verpackt im Regal liegen werden. An das LKH Graz liefert er ab sofort gewaschene Schnittsalate. Keimlinge aus den verschiedensten Gemüsearten werden an die Gastronomie geliefert. „Convenience-Produkte werden immer wichtiger. Also müssen wir auch auf die Verarbeitung setzen und nicht nur auf die Urproduktion“, erklärt Rauer, warum er für sein Gesamtprojekt sieben Millionen Euro in die Hand nimmt. Denn der Betrieb soll laut Rauer bald völlig energieautark arbeiten. Derzeit mit Biomasse geheizt, eine Fotovoltaik- (450 Kilowatt Peak) und Holzverstromungsanlage kommen noch hinzu.
In vielen Bereichen betritt Rauer – er ist auch Bundesobmann des Gemüsebaus – nun völliges Neuland. „In den letzten zwei Jahren waren wir Forschungsstation und Gemüsebaubetrieb in einem.“ Den Anstoß dafür gab aber ausgerechnet das Riesenglashaus in der Nachbarschaft: „Ich wusste, dass wir in diesem Konzert mit herkömmlichem Gemüseanbau nicht mitspielen können. Also haben wir etwas Neues auf die Beine gestellt.“
Ulrich Dunst