Die Lufthansa, der umsatzstärkste Luftverkehrskonzern Europas, dem in Österreich schon die AUA (Austrian Airlines) gehört, treibt die Übernahme der Air Berlin bereits seit Monaten in Gesprächen mit der Politik und dem Großaktionär Etihad voran. Ein erster Erfolg war die im Jänner genehmigte Anmietung und faktische Übernahme von 38 Mittelstrecken-Maschinen, rund ein Viertel der Air-Berlin-Flotte. Lufthansa-Chef Carsten Spohr will nun mindestens ein weiteres Viertel für seine Billigflieger-Gruppe Eurowings sichern, die zusätzliche Maschinen und Slots für die Mittel- und die Langstrecke sucht. Für sein Ziel, den Billigflieger Ryanair von den größeren deutschen Flughäfen so weit es geht fernzuhalten, muss Spohr aus Wettbewerbsgründen größere Marktanteile anderer Anbieter wie der Easyjet in Kauf nehmen. Die Lufthansa gilt auch als möglicher neuer Eigentümer der Niki.
Die anderen Interessenten
Außer der Lufthansa sind nach Angaben von Air Berlin noch zwei weitere Interessenten im Geschäft. Nach dpa-Informationen sind Gespräche mit Easyjet und Tuifly geplant. Der Reiseveranstalter Thomas Cook mit seiner Ferienflugtochter Condor bekundete Interesse an einer "aktiven Beteiligung an der Zukunft von Air Berlin". Ein Teil der Thomas-Cook-Feriengäste kommt mit Air Berlin ans Ziel.
Etihad entzog die Unterstützung
Etihad, der Staatskonzern aus Abu Dhabi, ist seit 2012 Großaktionär von Air Berlin mit einem Anteil von 29,2 Prozent. Wenige Tage, nachdem Etihad die Unterstützung entzogen hatte, sah sich Air Berlin zur Insolvenzanmeldung gezwungen. Ein Großteil der Schulden von Air Berlin in Höhe von 1,5 Milliarden Euro dürfte am Partner hängen bleiben, der mehrere Kredite gegeben hat. Etihad wehrt sich gegen den Eindruck, Air Berlin im Stich gelassen zu haben. Das Unternehmen habe im April nochmals 250 Millionen Euro eingeschossen. Angesichts der "sich rapide verschlechternden Geschäftsergebnisse und Liquidität" wollte Etihad aber nicht noch mehr Geld in Air Berlin pumpen.
Ryanair fühlt sich ausgebootet
Der Passagier-Europameister Ryanair hat bereits mehr als 300 Flugzeuge und bekommt grob gesagt jedes Jahr 50 neue hinzu, für die in ganz Europa Punkt-zu-Punkt-Strecken gesucht werden. Derzeit gilt das größte Interesse der Iren Deutschland und Italien, wo mit Alitalia und Air Berlin jeweils eine verkehrsreiche Airline in die Insolvenz gegangen ist. Deren Verbindungen würde Ryanair-Chef Michael O'Leary liebend gern übernehmen, die Flugzeuge und teils teuren Crews eher nicht. In Italien gehört Ryanair zum Bieterkreis für das Alitalia-Erbe, in Deutschland fühlen sich die Iren durch den Lufthansa-Deal ausgebootet und haben kartellrechtliche Schritte angekündigt. In der politischen Auseinandersetzung macht ihnen ihr schlechtes Sozial-Image als Arbeitgeber zu schaffen.