Eine vergleichbare Betriebsamkeit herrschte am Verbund-Kraftwerksstandort Mellach schon lange nicht mehr. Beim stillgelegten Ölkraftwerk werden im Sommer die großen Heizöltanks und der 175 Meter hohe Kamin in spektakulärer Weise abgetragen. Für den Verbund markiert dieser Schritt auch den endgültigen Ausstieg aus dem Ölzeitalter. In unmittelbarer Nachbarschaft hat sich unterdessen eine beachtliche Wendung vollzogen. Denn das dortige Gas-Kombi-Kraftwerk läuft, wie berichtet, auf Hochtouren.
Zur Erinnerung: Jahrelang galt das erst 2012 in Betrieb genommene Kraftwerk als eines der Sorgenkinder des Verbund-Konzerns. Noch bis in die ersten Monate hinein wurden eine Einmottung und sogar ein Verkauf des mit 838 Megawatt leistungsstärksten Kraftwerks Österreichs geprüft. Mitte März dann die Kehrtwende: Der Verbund behielt das hochmoderne Kraftwerk nicht nur, in der jetzt präsentierten Halbjahresbilanz zeigte sich auch, dass es noch nie so stark im Einsatz war. „Mellach spielt Feuerwehr“, sagt Verbund-Generaldirektor Wolfgang Anzengruber. Das Gaskraftwerk „steht im Feuerwehreinsatz, um die Netzstabilität zu gewährleisten“.
632 Gigawattstunden mehr Strom
So wurden seit Jahresbeginn von den großen Netzbetreibern bereits 1700 Betriebsstunden abgerufen – verglichen mit 700 bis 800 Stunden im Gesamtjahr 2016, so Anzengruber. Das Kraftwerk wird dabei zur Netzstützung im Rahmen des sogenannten Engpass-Managements eingesetzt. Insgesamt produzierte es heuer bereits um 632 Gigawattstunden mehr Strom.
Vom Team ist dabei maximale Flexibilität gefragt. Denn seitens des Netzbetreibers wird jeweils am Vortag (oft auch erst sehr spät am Abend) gemeldet, „mit welcher Leistung das Kraftwerk am nächsten Tag in der Früh am Netz sein muss“, erklärt Verbund-Sprecher Robert Zechner. Mit den beiden Gasturbinen sei Mellach ja extrem flexibel einsetzbar und könne damit die jeweiligen Anforderungen punktgenau erfüllen. „Vereinfacht gesagt, springt Mellach ein, um die stark schwankende Stromerzeugung aus Wind und Sonne auszugleichen und das Stromnetz stabil zu halten.“ Das gelte besonders auch im Hochsommer, „so ist Mellach seit 1. Juni jeden Tag mit einer flexibel abrufbaren Leistung am Netz.
Aber auch seit Jahresbeginn, im kältesten Jänner seit 30 Jahren, hat Mellach immer mit höchster Verfügbarkeit geliefert“, betont Zechner. Anzengruber sieht Gas in der Energiewende als Brückentechnologie. Mellach bleibe aus Gründen der Versorgungssicherheit am Netz. Wenn es diese Feuerwehrfunktion nicht gäbe, müsste man Mellach einmotten.
Öl habe beim Verbund hingegen endgültig ausgedient. Daher werden derzeit nach und nach gerade die sechs riesigen Öltanks des stillgelegten Ölkraftwerks abgerissen. Dafür wurde in den vergangenen Wochen ein riesiger Raupenkran (Eigengewicht inklusive Ausgleichsgewichten 1000 Tonnen) zusammengebaut, mit dem dann der Kamin abgetragen wird. Das Steinkohle-Kraftwerk Mellach soll, wie berichtet, bis Ende 2019 stillgelegt werden.
Insgesamt konnte der Verbund trotz einer deutlich unterdurchschnittlichen Wasserführung im ersten Halbjahr Gewinn und Umsatz konstant halten. Das Nettoergebnis legte um 0,4 Prozent auf 154,5 Millionen Euro zu, die Erlöse stiegen um 1,1 Prozent auf 1,476 Milliarden Euro.