Daimler ist einem Medienbericht zufolge mit seiner Selbstanzeige bei den Wettbewerbsbehörden wegen des mutmaßlichen Kartells in der Autoindustrie Volkswagen zuvorgekommen. Der Daimler-Konzern habe sich deutlich früher als Volkswagen an die Behörden gewandt, berichteten "Süddeutsche Zeitung" (SZ), NDR und WDR am Montag.
Damit könne der Stuttgarter Autohersteller darauf hoffen, ohne Strafe davonzukommen, sollte die EU-Kommission Geldbußen wegen verbotener Absprachen verhängen.
Nach den EU-Bestimmungen wäre für Volkswagen allenfalls noch ein Strafnachlass in Höhe von maximal 50 Prozent möglich, heißt es in dem Bericht. Und das auch nur dann, falls VW zusätzlich zu den von Daimler eingereichten Unterlagen weitere "Beweismittel mit erheblichem Mehrwert" vorgelegt hätte.
Für beide Konzerne wie auch für den Münchner Hersteller BMW, der ebenfalls Teil eines Kartells gewesen sein soll, geht es um sehr viel Geld. Die Kommission hatte 2016 gegen vier Lkw-Unternehmen Geldbußen in Höhe von knapp drei Milliarden Euro verhängt.
Die EU-Kommission geht dem Verdacht illegaler Absprachen von VW, Audi, Porsche, Daimler und BMW in der Fahrzeugentwicklung nach. Sollten die Vorwürfe zutreffen, wäre dies eines der größten Kartelle der deutschen Wirtschaftsgeschichte. Experten rechnen mit milliardenschweren Strafen und befürchten einen weiteren Image-Schaden für die deutsche Autoindustrie. Die genannten Unternehmen schweigen zu den Kernvorwürfen. BMW wies lediglich den Vorwurf unzureichender Abgasreinigung zurück.
Branchenverband ahnungslos
Der deutsche Branchenverband VDA wusste nach eigenen Angaben vor den jüngsten Medienberichten nichts vom Kartellverdacht gegen die führenden deutschen Autokonzerne. "Die VDA-Kollegen und ich haben es am Freitag aus der Presse erfahren", sagte Verbandspräsident Matthias Wissmann dem "Handelsblatt" vom Dienstag.
"Uns liegen keine eigenen Erkenntnisse vor". Die aktuellen Vorwürfe beträfen ein Feld, das nicht Teil der VDA-Arbeit sei. Nicht nur was die Produktsicherheit in der Branche angehe, sondern auch für die Rechtstreue gelte in der Autoindustrie aber eine "Null-Fehler-Toleranz", betonte er. Die Vorwürfe müssten konsequent aufgeklärt werden. Wissmann warnte vor einer Pauschalverurteilung der gesamten Branche.
VW-Chef wehrt sich gegen Betriebsrat
VW-Konzernchef Matthias Müller hat die scharfen Angriffe von Porsche-Betriebsratschef Uwe Hück gegen die Audi-Chefetage als "alles andere als hilfreich" zurückgewiesen. "Der Aufsichtsrat muss ganz sicher nicht belehrt werden, wie er seine Arbeit zu tun hat", sagte Müller, der auch Aufsichtsratschef bei Audi ist, der "Heilbronner Stimme" (Dienstag).
Die Art und Weise von Hücks Äußerungen habe nichts mit der Unternehmenskultur im VW-Konzern zu tun: "Wir sollten miteinander reden - und nicht übereinander."
Hück hatte den Audi-Aufsichtsrat aufgefordert, Vorstände der Schwestermarke wegen des Abgas-Skandals zu entlassen. Porsche habe von Audi "kranke Motoren" geliefert bekommen. "Ich werde es nicht zulassen, dass Porsche durch Tricksereien von Audi in Gefahr gerät", hatte Hück der "Bild am Sonntag" gesagt.