Bei der Präsentation der KTM-Bilanz haben Sie gesagt, Sie bleiben in Österreich. Warum?
Stefan Pierer: Man sieht es bei Veranstaltungen wie den Wirtschaftstagen der HTL Kapfenberg. Wir haben einen Standort mit motivierten und super ausgebildeten jungen Menschen, die sich gerne für ein Unternehmen engagieren.
Bei der KTM-Tochter Pankl Racing in Kapfenberg wird ausgebaut. Was ist geplant?
Für Getriebe hatten wir einen deutschen Lieferanten. Bei Pankl haben wir die Kompetenz und können ebenso gute Getriebe bauen. Im Herbst startet die Produktion. Dann werden jährlich 150.000 KTM- und Husqvarna-Getriebe geliefert.
KTM ist die erste Saison in der MotoGP. Wie zufrieden sind Sie?
Rennsport ist ein Langfristprojekt. Üblicherweise muss man in drei Jahren an der Spitze sein. Das erste ist ein Lernjahr, im zweiten nähert man sich den Top Ten. Im dritten Jahr muss man ums Podium mitfahren.
Angeführt wird die Rennserie von japanischen Herstellern. Auch beim Kampf um Kunden sind Kawasaki, Suzuki und Honda Konkurrenten. Wie behaupten Sie sich gegen die Mitbewerber?
Schauen Sie, wo wir herkommen. Vor 25 Jahren hat KTM 6000 Motorräder gemacht, vergangenes Jahr 200.000. Diese Marktanteile haben wir den Japanern abgenommen. Und die Entwicklung geht kontinuierlich weiter. In fünf Jahren werden wir wahrscheinlich 300.000 Motorräder bauen.
Die AK Oberösterreich hat mit einem Video ein negatives Bild des Unternehmers gezeichnet. Was sagen Sie zu solchen Aktionen?
Der Unternehmer wird nicht wertgeschätzt. Dabei ist er der Einzige, der Arbeitsplätze schafft, die Grundlage für die Steuern und den Wohlstand. Doch wenn Sie in Österreich irgendwo auf die Straße gehen und fragen: Wer schafft Jobs? Dann sagen 70 Prozent: der Staat. Dieses Unverständnis ist frappierend. Den, der mir den Wohlstand liefert, malträtiere ich. Das ist Dummheit, Borniertheit.
Die Industrie will den Zwölf-Stunden-Tag, die Gewerkschaft 1500 Euro Mindestlohn. Wo stehen Sie in der Diskussion?
Das Thema Arbeitszeit ist längst überholt. Die Mitarbeiter wissen, was sie brauchen. Schauen Sie sich Start-ups an. Die brennen für das Produkt, das ist deren Welt, das wollen sie unbedingt machen. Was soll man denen die Arbeitszeitregelung erklären? Doch als internationales Industrieunternehmen mit Auftragsspitzen wird man durch diese Arbeitszeitgesetze gebremst. Es ist auch klar, dass der Verdienst passen muss. Ich bin ein Verfechter des Mindestlohns: Wie soll man bei 1300 Euro netto heute in einem Ballungsraum noch überleben? Das ist unmöglich. Wenn man bei meinen Mitarbeitern durchdividiert, kommt man auf ein Durchschnittsgehalt von 2800 Euro. Auf der anderen Seite gibt es einen Hype um Internet-Start-ups, Apps für Fahrervermittlung, Zustell- und sonstige Lieferdienste. Diese Anbieter werden regelrecht umworben. In Wirklichkeit sind das prekäre Arbeitsverhältnisse, bei denen arme, schlecht ausgebildete Leute ausgebeutet werden.
Sie kritisieren den Fokus auf Start-ups?
Ich bin schon für Start-ups. Aber die gleiche Aufmerksamkeit und dieselben Möglichkeiten soll auch die Industrie bekommen. Dann geht so richtig der Rauch auf.
Die Industrie klagt über Facharbeitermangel. Gleichzeitig gibt es einen Rekord an Arbeitslosen. Wie kann das sein?
Ausbildung und das Angebot an Arbeitskräften passt nicht mit der Nachfrage zusammen. Wir bilden Leute in falschen Studienrichtungen aus. Ich kann in der Industrie mit einem Theaterwissenschaftler nichts anfangen. Auf der anderen Seite gibt es einen Engpass an technischen und naturwissenschaftlichen Ausbildungen. Das hängt auch mit dem freien Studienzugang zusammen. Immerhin: In der Produktion kümmert sich die Industrie selbst um Facharbeiter. Wir haben in der Gruppe 200 Lehrlinge, alle mit Einstellungsgarantie. So bekommt man Fachpersonal für Produktion und sonstige Prozesse.
Was sind die großen Entwicklungen im Motorradsektor?
Ganz klar: Elektromobilität. Die Herausforderungen sind die gleichen wie bei den Autos: teure Batterien. Wir haben ja seit drei Jahren ein Elektromotorrad. Das wird gut verkauft, ich verdiene nur nichts daran. Doch wir glauben, dass die Akkupreise sinken werden und wir dann ein Geschäft machen.
Tesla will eigene Batteriewerke bauen. Planen Sie Ähnliches?
Wenn dir dritte Leute Geld geben, kann man das leicht verbraten. Ich investiere mein eigenes Geld. Deshalb mache ich so etwas nicht.
Roman Vilgut