Experten der europäischen Chemikalienagentur Echa halten Glyphosat für nicht krebserregend. Das Unkrautvernichtungsmittel erfülle nicht die Kriterien, als Karzinogen, Mutagen oder schädlich für die Fortpflanzung eingestuft zu werden, erklärte die Behörde am Mittwoch in Helsinki. Glyphosat rufe aber schwere Augenschäden hervor und sei giftig für das Wasser-Ökosystem - "mit lang anhaltenden Folgen".
Das offizielle Gutachten der Echa muss noch an die EU-Kommission übermittelt werden. Ein Sprecher der Kommission sagte, die Einschätzung der Chemikalienagentur werde "vor der Sommerpause" erwartet. Sie soll als Grundlage für die Entscheidung über eine Verlängerung der Zulassung von Glyphosat in der europäischen Landwirtschaft dienen.
Ende Juni hatte die EU-Kommission mangels einer Einigung der Mitgliedstaaten die Zulassung des umstrittenen Pflanzenschutzmittels um eineinhalb Jahre verlängert. Sie läuft Ende des Jahres aus. Bis dahin müssen die Mitgliedstaaten in einem Expertengremium über eine erneute Verlängerung entscheiden.
Unterschiedliche Einschätzungen
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte das Pflanzenschutzmittel 2015 noch als "wahrscheinlich krebserregend" eingestuft, änderte seine Einschätzung aber im vergangenen Jahr und hält Glyphosat inzwischen für unbedenklich.
Im Juli hatten die Mitgliedstaaten den Einsatz des Herbizids für öffentliche Parks und Gärten eingeschränkt sowie einige Zusatzstoffe verboten. Sollte das Unkrautvernichtungsmittel vor Ende des Jahres erneut in der EU zugelassen werden, steht es den einzelnen Ländern dennoch frei, die Verwendung von Glyphosat im eigenen Staatsgebiet zu verbieten.
Die Risikobewerter der heimischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) "sehen den Wirkstoff als sicher für Menschen an", hieß es am Mittwoch in einer Online-Stellungnahme der AGES. Allerdings müssten mögliche Umwelt-Auswirkungen minimiert werden. Österreich habe auf Fachexperten-Ebene wiederholt Einschränkungen des Glyphosat-Einsatzes im landwirtschaftlichen und nicht-landwirtschaftlichen Bereich gefordert.
Seit August 2016 hat die Zulassungsbehörde BAES bestehende Pflanzenschutzmittelzulassungen Glyphosat-haltiger Produkte mit dem Beistoff Tallowamin aufgehoben. Die Regulierung bzw. Einschränkung der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln fällt in die Zuständigkeit der Pflanzenschutzgesetze der neun Bundesländer.
Umweltschützer enttäuscht
Greenpeace Österreich sah unterdessen "keine Entwarnung bezüglich der Gefahren von Glyphosat". Die Einschätzung der ECHA stütze sich unter anderem auf von der Industrie selbst durchgeführte Studien, die der Öffentlichkeit nicht vollständig zugänglich gemacht worden seien. Die Umweltschutzorganisation Global 2000 reagierte "mit großer Bestürzung". Wirtschaftliche und politische Interessen hätten "bei dieser Entscheidung offenbar größeres Gewicht als die wissenschaftlichen Fakten". Die IndustrieGruppe Pflanzenschutz (IGP) sprach dagegen ebenfalls in einer Aussendung von einem "Sieg der Wissenschaft über absurde und populistische NGO-Kampagnen".
Auch die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) hält den Stoff für wahrscheinlich nicht krebserregend bei Menschen. Ähnlich sieht das ein Ableger der Weltgesundheitsorganisation WHO, das Joint FAO/WHO Meeting On Pesticide Residues (JMPR). Die Internationale Krebsforschungsagentur (IARC) der WHO stuft die Substanz hingegen als wahrscheinlich krebserregend ein. Allerdings bewertet die Behörde die Beweislage dafür, dass Glyphosat Krebs auslösen könnte - und nicht das Risiko, tatsächlich an Krebs zu erkranken.