Der Rechnungshof (RH) übt Kritik an einer "informellen Mindestablehnungsquote" bei Anträgen auf Kuraufenthalt. Die interne Vorgabe der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) für den chefärztlichen Dienst, eine Ablehnungsquote von 20 bis 30 Prozent anzustreben, sei "nicht sachgerecht", hielt der RH in einem am Freitag veröffentlichten Bericht fest.
Tatsächlich lehnte die PVA 2014 ein Drittel der Kuranträge ab. Bei der ebenfalls überprüften Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA) lag die Ablehnungsrate bei 10 Prozent. Die PVA-Vorgabe, 20 bis 30 Prozent der Anträge abzulehnen, erfolgte informell. "Eine offizielle Dienstanweisung dazu existierte nicht", kritisieren die Rechnungshofprüfer.
Sachliche Voraussetzung statt Quote
Der RH legte der PVA nahe, anstatt der Ablehnungsquote die sachlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Kuren genauer zu definieren. Dies wäre "zweckmäßiger".
Die Pensionsversicherungsanstalt entgegnete im RH-Bericht, die seit "2010 bestehende Sollvorgabe einer Ablehnungsquote bei Kurheilverfahren diene der österreichweiten Gleichbehandlung der Antragstellerinnen und Antragsteller". Damit würde die Sorgfalt bei der medizinischen Prüfung unterstützt und die Treffsicherheit erhöht. Sie stelle eine "Orientierungshilfe" dar.
Sowohl in der BVA als auch in der PVA kam es in Einzelfällen vor, dass Politiker Kuranträge von Versicherten persönlich vorbeibrachten. Beide Versicherungsträger betonten, derartige Anträge inhaltlich nicht bevorzugt zu behandeln, aber besonders auf eine administrativ korrekte und zeitnahe Erledigung zu achten. Der RH forderte dennoch, bereits den Anschein von Bevorzugung zu vermeiden und die gleiche Behandlung aller Anträge sicherzustellen.
Die Entscheidung, ob jemand einen Kur- bzw. Rehabilitationsaufenthalt bewilligt bekommt oder der Antrag abgelehnt wird, wird laut RH nicht sorgfältig genug geprüft. Die Entscheidung falle innerhalb von zwei bis drei Minuten Bearbeitungszeit pro Antrag. Er empfiehlt aussagekräftigere Antragsformulare und die Krankengeschichte miteinzubeziehen.
Laut Rechnungshof übernahm die Pensionsversicherung zudem ohne klare rechtliche Grundlage - nur auf Basis eines sogenannten Erlasses - die Rehabilitation von Pensionisten. Damit finanzierte der Bund mit rund 315 Millionen Euro gut 58.000 Verfahren, für die eigentlich die Krankenversicherung zuständig gewesen wäre. Zahlen, wie viel medizinische Rehabilitation und Kuren trägerübergreifend kosten, waren weder in den zuständigen Ministerien, dem Sozialressort und dem Gesundheitsministerium, noch im Hauptverband verfügbar. Der RH errechnete ein Gesamtvolumen von 1,028 Mrd. Euro für 2014.
Der Rechnungshof ortet in seinem Bericht zu den Sozialversicherungsträgern PVA, BVA und AUVA auch vielfältige Missbrauchsgefahren: Es fehle an Kontrolle, es gebe keine Anreize, sparsam zu sein und Aufträge würden an den Bieter vergeben, der als erster einen Antrag stellt. In Einzelfällen wurden Aufträge sogar mündlich erteilt.
Der Rechnungshof empfiehlt den drei Trägern unter anderem, einen Compliance Officer zu installieren und ein Whistleblower-System einzuführen. Die RH-Prüfer bemängelten auch die teils geringe Anzahl der Prüfungen durch die - laut Bericht nicht ausreichend unabhängige - Innenrevision. Die Träger hatten demnach auch keinen Gesamtüberblick über ihr Beschaffungsvolumen, obwohl dieses 2014 bei rund 424 Millionen Euro lang.
Bekrittelt wird darüber hinaus das Vergütungssystem. AUVA und BVA bezahlten in Einzelfällen ein Gehalt, das höher war, als es der ausgeübten Funktion entsprach und gewährten ihren Führungskräften ab deren Besetzung die maximale Zulagenhöhe. Bei der PVA erhöhte sich die Zulage erst mit Dauer der Ausübung der Funktion.