Wir beginnen unsere Exkursion ins Jahr 2004 mit der nüchternen Definition des heute hochemotionalen Begriffs „Schiffsfonds“. Hinter dem Wort versteckt sich eine damals häufig beworbene Fonds-Gattung, bei der eingesammeltes Kapital der Anleger in den Bau oder Erwerb von Seeschiffen investiert wird. Wird das notwendige Eigenkapital erreicht, schließt der Fonds, weswegen man auch von „geschlossenen Fonds“ spricht.

So weit, so gut – oder so schlecht, je nach Betrachtungsweise. Ein Lehrerehepaar hatte 2004 bis 2005 jedenfalls über Vermittlung der Hypo Steiermark drei „geschlossene Fonds“ des Hamburger Emissionshauses MPC erworben und je 10.000 Euro in einen Schiffs-, einen Hollandimmobilien- und einen Lebensversicherungsfonds investiert. Später beklagte sich das Paar, von der Bank nicht ausreichend informiert worden zu sein.

Weichkosten zwischen 17 und 34 Prozent

Vor allem über die „Weichkosten“, also über jene Beträge, die beim Start des Fonds für verschiedene Dienstleistungen anfielen, hätten die beiden nichts gewusst. Und das, obwohl inklusive des fünfprozentigen Ausgabeaufschlags an die Bank (Agio) die Weichkosten zwischen 17 und 34 Prozent des Beteiligungskapitals betragen hätten.

Jahre später bejaht nun der Oberste Gerichtshof (OGH) die Haftung der Hypo Steiermark wegen Falschberatung zu den „Weichkosten“ der „geschlossenen MPC-Fonds“ und spricht den Anlegern in der rechtskräftigen Entscheidung 100 Prozent Schadenersatz zu. Angestrengt hatte die Klage der Verein für Konsumenteninformation (VKI). Dieser sieht nun „Mustercharakter“ für drei Sammelklagen gegen die Hypo, bei denen es um drei Millionen Euro geht, heißt es vom VKI-Rechtsexperten Thomas Hirmke.

Hypo bietet derlei Produkte nicht mehr an

Vonseiten der Hypo Steiermark heißt es indes auf Anfrage, dass man das Urteil des OGH „zur Kenntnis“ nehme. Wiewohl man „die Rechtsansicht in diesem Fall nicht teilen kann“. Welche Auswirkungen diese Entscheidung auf die weiteren Musterprozesse und Sammelklagen in dieser Causa haben wird? Die Bank zeigt sich zuversichtlich.

Weil: Sämtliche Fälle würden einer „Einzelfallbetrachtung unterzogen“. Und – mit Ausnahme des vorliegenden Urteils – wäre „in allen Fällen eine Anleger- und anlagegerechte Beratung attestiert“ worden. Die Frage, ob man vergleichbare Produkte noch im Portfolio habe, verneint die Bank. Seit „rund zehn Jahren“ biete man „diese Art von Beteiligung nicht mehr an“.