Was ist besonders an den Bankomaten, die Sie bei Raiffeisen einbauen?
ANDY MATTES: Unsere Branche hat vier Trends: Individualisierung, Digitalisierung, Automatisierung und Miniaturisierung. Das Projekt mit Raiffeisen punktet auf jeden Fall mit zwei, im Ansatz drei dieser Trends.

Die digitale Innovation wäre?
Die Maschinen, die in Österreich ausgerollt werden, haben NFC, Near Field Communication. Hiermit wird es zunächst möglich, NFC-fähige Karten berührungslos zu lesen – ohne sie in den Bankomaten einzuführen. Für den Kunden ist das schneller und sicherer. Skimming, das Ablesen von Daten vom Magnetstreifen durch Betrüger, ist ein gravierendes Problem. Das kann nicht passieren.

Andy Mattes, CEO von Diebold Nixdorf in Ohio, USA
Andy Mattes, CEO von Diebold Nixdorf in Ohio, USA © Chris Sorensen

Ich muss nur aufpassen, dass kein Anderer mein Handy hat.
Das gilt für´s Handy wie für Wohnungsschlüssel. Deshalb ist es umso wichtiger, dass die Daten auf den Handys verschlüsselt sind.

Sicherheit garantieren Sie?
Die Sicherheit ist extrem hoch. Wir verschlüsseln alles. Wenn man mit dem Handy hingeht, ist die Information, die an den Bankomaten übertragen wird, verschlüsselt. Wir haben nicht nur die kleinste Tastatur, sondern sind auch der einzige westliche Hersteller mit Patent für einen „Encrytped Touchscreen“. Drückt man auf den Screen, ist die Information von der Sekunde an verschlüsselt. Die elektronische Sicherheit ist höher als in vielen Fällen die manuelle. Skimming ist jedes Jahr in etwa ein Zwei- Milliarden-Problem für die Bank-Branche weltweit. Was am meisten gemacht wird, ist das sogenannte „Shoulder Surfing“. Ein eleganter Begriff dafür, dass Ihnen jemand bei der Eingabe Ihrer Pin-Nummer über die Schulter schaut.

Was also können die neuen Bankomaten noch?
In Österreich haben die meisten Rechnungen einen QR-Code - dieses quadratischen Muster. Alle Maschinen haben QR-Code-Reader, mit denen man an der Maschine Rechnungen einlesen und direkt bezahlen kann.
Brauche ich bei der Automatisierung überhaupt noch eine Bankfiliale?
Österreich hat vor Jahren den Begriff Bankomat gewählt statt Geldautomat. Das beschreibt die Zukunft am besten. Wir automatisieren alle normalen Geschäftsprozesse in der Bank. In Österreich stehen rund 8800 Bankomaten. Das sind ungefähr 700 mehr als noch vor fünf Jahren, obwohl zugleich die Zahl der Bankfilialen um etwa 100 zurückging.

Was ist die Zukunft?
In der Stufe eins noch nicht implementiert ist neben der Kartenerkennung über NFC die Identifizierung des Kunden über das Handy möglich. In anderen Ländern arbeiten wir hier auch mit anderen Technologien, zum Beispiel mit Beacons. Da wird man schon von ein wenig weiter weg erkannt. Wenn Sie auf den Automaten zugehen, kann er zu Ihnen sagen, Herr Winkler, wie immer 200 Euro? Und sie müssen gar nichts anderes machen, als Ja zu drücken.

Wer will schon Voice Technology am diskreten Bankomaten?
Die Banken und der Handel versuchen einen „Market of One“ zu kreieren, wo alles auf jemanden persönlich und seine Bedürfnisse zugeschnitten ist. Die Leute werden es sehr mögen. Im Lebensmittelhandel wird man mit dem Handy erkannt und wer auf seiner digitalen Einkaufsliste Spaghetti stehen hat, kriegt etwa einen elektronischen Coupon für Tomatensauce. Der Händler macht ein individuelles Angebot. Wir haben eben in New York eine Lösung für elektronisches Shopping vorgestellt. Der Laden stellt auf dem Handy die Priorität Ihrer Einkaufsliste um, damit Sie im Laden kürzere Wege haben.

Der Konsument, well guided, entmachtet.
Das geht immer in beide Richtungen. Wenn Sie irgendetwas auf Amazon kaufen, kriegen Sie ja auch schon Empfehlungen.

Ich schwöre auf Tipps meines Buchhändlers. Wie schrumpft die Miniaturisierung Bankomaten?
Die Geräte werden immer kleiner. Wir haben jüngst in Las Vegas den kleinsten Bankomaten der Welt vorgestellt. Etwa eineinhalb mal so breit wie eine Banknote, circa 25 cm, und einen guten Meter hoch. Ein ganz schmaler Safe mit einem Touchscreen. Die Banken überlegen, wie sie dem Verbraucher Bankdienstleistung zur Verfügung stellen können, in Zeiten, da man sich nicht an jedem Ort eine Filiale leisten kann. In den USA nennen wir es „a branch in the box“ – die vollautomatisierte Filiale in einem Bankomaten, die man auch im Modehaus aufstellen kann. Je kleiner die Maschinen, umso eher kann man sie außerhalb einer Filiale aufstellen und damit Kundennutzung und -nähe generieren.

Zukunft: Kleinester Bankomat der Welt, einen Meter hoch, 25 cm breit
Zukunft: Kleinester Bankomat der Welt, einen Meter hoch, 25 cm breit © KK

Das Investment bedeutet, dass Bankomatgebühren kommen?
Das ist ein Investment der Banken in die Kundenbeziehung, ein B2B2C-Geschäft. Das heißt, wir arbeiten mit Banken zusammen zum Wohl des Verbrauchers. Wir leisten die Kompetenz, die Schnittschnelle zwischen der physischen und digitalen Welt des Geldes herzustellen. Raiffeisen ist da beim Thema Kundeninnovation ganz vorne mit dabei. NFC und QR-Codes sind erst Stufe 1 eines Leistungsangebotes, das mit Sicherheit über die nächsten Jahre von der Bank ausgeweitet werden dürfte. Wenn die Filiale der Zukunft nur noch aus einigen Bankberatern besteht und alle administrativen Prozesse automatisiert sind, wird das Thema viel größer. Man kann sich an der Maschine identifizieren, Kredite darüber abwickeln. Wir können mit einem Bankomat alles machen, mit Ausnahme eines Geschäftsvorganges, der eine notariell beglaubigte Unterschrift braucht.

Weil da elektronische Signaturen noch nicht zugelassen sind.
Genau. Aber die Möglichkeit QR-Codes lesen zu können, bedeutet auch, dass man den Code an einen Bekannten senden kann, der damit abhebt.

Wann leben wir bargeldlos?
Experten reden davon, dass in den nächsten 25 Jahren eine sogenannte Cash-Light-Society kommt. Bargeld wird lange nicht abgeschafft werden. In den USA war 2016 das Jahr mit den meisten Dollar-Banknoten im Umlauf und in Deutschland war es mit dem Euro ebenso.

Sie leben in den USA, wie oft gehen Sie noch zum Bankomat?
Alle zwei Wochen für all die Kleinigkeiten im Haushalt.