Nach monatelangem Ringen haben die Eurozone und der Internationale Währungsfonds (IWF) im Schuldenstreit Insidern zufolge eine gemeinsame Position gegenüber Griechenland gefunden. Diese solle bei einem Spitzentreffen am Freitag in Brüssel mit der Athener Regierung verhandelt werden, sagten mehrere Vertreter der Eurozone der Nachrichtenagentur Reuters.

Griechenland solle demnach zusätzliche Reformen mit einem Volumen von 1,8 Milliarden Euro bis zum Ende des laufenden Hilfsprogramms 2018 beschließen und den gleichen Betrag noch einmal für die Zeit danach. Dabei gehe es um Steuereinnahmen sowie Pensionskürzungen. In Athen sagten mit den Gesprächen Vertraute, die Forderungen entsprächen jeweils einem Prozent der Wirtschaftsleistung. Die Hoffnungen auf einen Durchbruch in den Verhandlungen sorgten am Finanzmarkt für eine stärkere Nachfrage nach griechischen Staatsanleihen.

Hochrangiges Treffen

Nach Angaben einer EU-Kommissionssprecherin hatten die Beratungen bis vor Beginn des Treffens angedauert. Die Brüsseler Behörde werde auf "angemessener Ebene" vertreten sein. Von EU-Vertretern hieß es, dass neben Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem und dem griechischen Finanzminister Euklid Tsakalotos auch Benoit Coeure von der Europäischen Zentralbank (EZB) sowie der Chef des Euro-Rettungsschirms ESM, Klaus Regling, teilnehmen würden.

Dijsselbloem sagte in Den Haag, bei den Gesprächen werde es nicht um Schuldenerleichterungen gehen. Vielmehr werde man die strittige Frage diskutieren, wie hoch das von Griechenland geforderte mittelfristige Überschussziel im Staatsbudget ausfallen sollte.

Dijsselbloem hat auch Befürchtungen zu einer neuen Griechenland-Krise zurückgewiesen. "Die Geschichten über eine Krise sind stark übertrieben", sagte Dijsselbloem am Freitag in Den Haag. "Reformen in Griechenland laufen langsam, aber sie gehen tatsächlich in die richtige Richtung."

Deutschland zufrieden

Das deutsche Finanzministerium begrüßte die Einigung. "Das ist erfreulich", sagte eine Sprecherin. Sie sprach von einem Beleg für das konstruktive Engagement des IWF, verwies aber auch auf weitere Entscheidungen, die nun anstünden.

Ob die griechische Seite die Forderungen der internationalen Gläubiger akzeptiert, blieb zunächst unklar. Sollte eine Einigung gelingen, wäre der nächste Schritt die Rückkehr der Prüf-Institutionen von EU-Kommission, ESM und EZB nach Athen, um Details der zugesagten Reformen auszuloten. Nach Angaben eines weiteren Insiders gehen die Gläubiger davon aus, dass Griechenland noch zwischen drei Vierteln und der Hälfte der Reformen umsetzen muss, bevor es die nächste vorgesehene Tranche von 6,1 Milliarden Euro aus dem Hilfsprogramm erhalten kann.

Die Regierung in Athen hatte bisher vor allem weitere Pensionskürzungen kategorisch ausgeschlossen, nachdem am Pensionssystem bereits elf Mal die Axt angelegt wurde, seitdem die Hellas-Schuldenkrise 2010 ausgebrochen war. Im Juli muss das Land 7,5 Milliarden Euro an Krediten zurückzahlen.

Streit um Kennzahlen

Die Frage des sogenannten Primärüberschusses - dem Staatshaushalt ohne Zinszahlungen - war einer der Streitpunkte zwischen dem IWF und der Eurozone. An der Kennzahl soll die Fähigkeit der griechischen Regierung abgelesen werden, den Schuldenberg von über 300 Milliarden Euro abtragen zu können. Der IWF wertet den Schuldenstand von zuletzt knapp 180 Prozent der Wirtschaftsleistung als untragbar hoch.

Die Parlamente Deutschlands und der Niederlande haben eine IWF-Beteiligung am Hilfspaket zur Bedingung für das Fortbestehen des bis Sommer 2018 laufenden Programms gemacht, das einen Umfang von bis zu 86 Milliarden Euro hat. Der IWF hat wegen der offenen Fragen bisher aber gezögert.

Am 20. Februar beraten die Euro-Finanzminister in Brüssel über Griechenland. Gelingt bis dahin keine Einigung, droht das Thema in die Zeit der Wahlkämpfe und möglichen Regierungswechsel in den Niederlanden, Frankreich und Deutschland zu geraten.

Die Aussicht auf eine bevorstehende Einigung ließ Anleger bei griechischen Staatsanleihen zugreifen. Die Rendite der zehnjährigen Bundespapiere sank im Gegenzug auf 7,48 Prozent nach 7,84 Prozent am Donnerstag. Die Verzinsung der zweijährigen Papiere ging um rund 120 Basispunkte auf 8,81 Prozent zurück.