Einen Trump-Schock gibt es an Europas Börsen nicht. Wie das?
STEFAN BRUCKBAUER: Es war nicht so ein Schockereignis wie der Brexit, da in den letzten Wochen ein möglicher Trump-Sieg auf der Agenda stand. Und man sah beim Brexit, dass die befürchteten realwirtschaftlichen Auswirkungen nicht unmittelbar eintraten. Aus dieser Brexit-Erfahrung heraus hat man nun sehr viel Gelassenheit an den Tag gelegt und keine Panikreaktionen gesetzt. Wir erwarten 2017 weder für die USA noch für Europa einen Wirtschaftseinbruch.

Nahm Trumps milde Auftaktrede den Märkten Nervosität?
Gewiss. Man hat plötzlich gesehen, dass er umschalten kann vom Wahlkampf zur Präsidentenrolle. Die größte Angst hatte man davor, dass er seine Show nach der Wahl durchzieht und unberechenbar Linien überschreitet.

Was ist aus Trumps radikalen Wirtschaftsplänen für die Weltwirtschaft absehbar?
Kurzfristig nicht so viel, die Steuersenkung könnte Sorgen neutralisieren. Langfristig droht eine größere Belastung, wenn er gegen offene Märkte und Handelsintegration Ernst macht. Wenn die größte Nation, die die globale Marktöffnung bisher betrieben hat, auf einen um 180 Grad gegenteiligen Kurs gehen würde, hätte das große Folgen für die Weltwirtschaft und die Weltpolitik. Am gefährlichsten wäre sicher ein Konflikt mit China, das größter Gläubiger der USA ist.

Für Europa ist auch das Verhältnis Trump/Putin wichtig.
Da waren manche freundlichen Äußerungen irritierend, aber das waren Provokationen Trumps gegen das Establishment. Einen russlandfreundlichen Kurs kann er gegen die DNA der USA nicht fahren.

TTIP ist für längere Zeit tot?
Momentan auch, weil die Europäer nicht einig sind. Man kann es einmal neu aufsetzen.

Die Zinsen bleiben jetzt tief?
Die Chancen, dass die US-Notenbank im Dezember die Zinsen leicht erhöht, sind von 80 Prozent auf 50 Prozent gesunken, aber intakt, wenn es keine Verwerfungen gibt.

Die Wiener Börse hielt stand, Wienerberger, Voest, OMV legten zu. Wir bleiben unberührt?
Für Österreich werden wir unsere Prognosen eher anheben. Weil es besser läuft als erwartet – und nicht wegen Trump