Jahrzehntelang galt es als heilige Kuh, für manche geradezu als identitätsstiftend: das Bankgeheimnis. Es ist noch nicht so lange her, da galten Einblicke in „das monetäre Schlafzimmer der Bürger“, wie formuliert wurde, als völliges Tabu. Bestrebungen, das Bankgeheimnis zu lockern, wurden brüsk als „zentrale Zasterfahndung“ zurückgewiesen. In den vergangenen Jahren hat sich das sukzessive geändert. Und mit heutigem Tag kann man wohl attestieren: Das Bankgeheimnis in Österreich ist Geschichte. Das sogenannte „zentrale Kontenregister“ ist endgültig in Betrieb gegangen.

Zentrale Speicherung

Darin sind sämtliche inländischen Bankverbindungen vom Girokonto bis zum Bausparvertrag, vom Sparbuch bis zum Wertpapierdepot zentral gespeichert. Insgesamt geht es hier um 33 Millionen Konten in ganz Österreich. Die heimischen Banken ächzten in den vergangenen Monaten unter dem bürokratischen Aufwand (siehe rechts), denn sie mussten die Daten an das Register melden, jeder Kontoinhaber musste zudem mit dem Melderegister abgeglichen werden - und zwar rückwirkend. Denn um „Fluchtversuche“ etwaiger Steuersünder vor dem Inkrafttreten zu unterbinden, wurde als Stichtag der 1. März 2015 herangezogen. Die Finanz verspricht sich von diesem neuen Instrument u. a. einen effizienteren Kampf gegen Steuerbetrug. Das Kontenregister ist Teil des im Vorjahr beschlossenen Pakets zur Betrugsbekämpfung. Dass sich die Freude darüber bei den Banken in Grenzen hält, verhehlt etwa Gerhard Fabisch, Präsident des österreichischen Sparkassenverbandes, nicht. „Wir Banken haben hier keine Wahlmöglichkeit, Kosten und Aufwand für uns sind aber erheblich.“

Bisher wurde bei der Verfolgung von Steuersündern das Bankgeheimnis nur dann durchbrochen, wenn auch ein Strafverfahren eingeleitet wurde. Und das war ein einigermaßen komplizierter und meist langwieriger Weg. Anfragen mussten erst über die Bankenverbände an das jeweilige Institut weitergeleitet werden. Das ist einer der Punkte, der sich nun ändert.

Ein Überblick

Daten. Von den Banken übermittelt und damit registriert werden die sogenannten Kontostammdaten (Konto- bzw. Depotnummer, Tag der Eröffnung und Auflösung sowie konto- bzw. depotführende Bank) von natürlichen und juristischen Personen.

Guthaben. Die Höhe der jeweiligen Guthaben auf den Konten werden indes nicht gemeldet, also auch nicht zentral registriert. Wenn das Gericht oder die Behörde weitere Informationen über die Geschäftsvorfälle auf den Konten bzw. Depots erlangen will, muss eine Konteneinschau beantragt werden. „Bisher bedurfte es einer richterlichen Anordnung dafür, jetzt muss ein begründeter Zweifel der Finanzbehörde bestehen, über den eine Schiedskommission entscheidet“, sagt Fabisch, der lieber von einer „Aufweichung“ als vom Ende des Bankgeheimnisses spricht. „Man darf sich das Kontenregister aber nicht wie ein Grundbuch vorstellen, da kann natürlich nicht jeder hineinsehen, da muss man sich nicht sorgen.“

Zugriffsberechtigte. Gerichte, Staatsanwälte, Finanzstraf- und Abgabenbehörden und das Bundesfinanzgericht können das Register einsehen, wobei jede Einsichtnahme protokolliert werden muss (das wird zehn Jahre lang aufbewahrt). Über FinanzOnline (finanzonline.bmf.gv.at) kann jeder für sich nachverfolgen, welche Daten über einen selbst gespeichert sind und ob von jemandem darauf zugegriffen wurde.

Maßnahmen. Neben dem Kontenregister wurden im Kampf gegen Geldwäsche, Terrorfinanzierung, aber eben auch Steuerflucht weitere Maßnahmen gesetzt. So müssen auch Kapitalabflüsse/Abhebungen ab einem Betrag von 50.000 Euro gemeldet werden. Banken und Lebensversicherungen müssen zudem bei jedem neuen Konto und Vertrag genau prüfen, ob der Kunde auch in einem anderen Land steuerlich ansässig ist. Ab 2017 tritt dann der weltweite Austausch von Kontodaten ausländischer Kunden über die nationalen Steuerbehörden in Kraft.

Auf internationalen Druck hin musste Österreich freilich schon früher Maßnahmen setzen. Ab 1. November 2000 durften keine anonymen Sparbücher mehr eröffnet werden, auch Bareinzahlungen und Überweisungen auf anonyme Konten wurden untersagt. Die heilige Kuh Sparbuchanonymität wurde also bereits vor Jahren geschlachtet.