Das britische Votum für den EU-Austritt sowie protektionistische Tendenzen in den USA und Europa bergen nach Einschätzung des Internationalen Währungsfonds (IWF) erhebliche Risiken für die Weltwirtschaft. Die Brexit-Entscheidung vom Juni bewertet der Fonds in einem heute in Washington veröffentlichten Konjunkturausblick als Teil einer globalen Bewegung zugunsten wirtschaftlicher Abschottung.
Beim Handel "die Uhr zurückzudrehen" würde aber "die derzeitige Flaute der Weltwirtschaft nur verstärken und vertiefen", warnt der IWF. Trotz der Risiken halten die Washingtoner Experten an ihren bisherigen Prognosen für das globale Wachstum fest. Die globale Wirtschaft soll heuer um 3,1 Prozent und im kommenden Jahr um 3,4 Prozent wachsen.
Heuer bessere Aussichten für Österreich
Für Österreich haben sich die Erwartungen für das laufende Jahr verbessert: Der IWF rechnet für 2016 mit einem BIP-Anstieg von 1,4 Prozent, im Frühjahr hatte man noch mit nur 1,2 Prozent gerechnet. Für 2017 hingegen hat der Fonds die Prognose für das heimische Wirtschaftswachstum von 1,4 auf 1,2 Prozent zurückgenommen.
Sechs Jahre nach der Finanzkrise stehe die weltweite Konjunktur weiterhin auf schwachen Füßen, was sich in hohen Arbeitslosenzahlen, stagnierenden Löhnen und wachsenden wirtschaftlichen Ungleichheiten niederschlage, resümiert der IWF. Daraus wiederum erwachse die zunehmende Popularität protektionistischer Programme, wie sie sich auch im US-Präsidentschaftswahlkampf zeige. Solche Tendenzen könnten aber Unternehmen dazu veranlassen, sich mit Investitionen zurückzuhalten und so die Schaffung neuer Jobs zu begrenzen.
Ökonomische Auswirkungen "sehr unklar"
Der republikanische US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump hat angekündigt, sämtliche von den USA abgeschlossenen Handelsabkommen neu verhandeln zu wollen. Die Demokratin Hillary Clinton hat sich gegen das bereits fertig ausgehandelte TPP-Abkommen mit elf Staaten aus dem pazifischen Raum positioniert.
Zum britischen EU-Austrittsvotum vom Juni wiederum stellt IWF-Chefökonom Maurice Obstfeld fest, die Reaktion der Märkte sei zwar "auf beruhigende Weise in geordneten Bahnen" verlaufen. Doch seien die letztlichen ökonomischen Auswirkungen der Brexit-Entscheidung noch "sehr unklar".
Druck auf Politik wächst
Zudem könne auch in den übrigen EU-Ländern der Druck auf die Politik wachsen, einen "populistischen, stärker nach innen gerichteten" Kurs einzuschlagen, warnt der IWF. Für die Eurozone korrigierte er seine Prognose gleichwohl leicht nach oben: Für 2016 liegt sie bei 1,7 und für nächstes Jahr bei 1,5 Prozent. Im Vergleich mit der Juli-Prognose wurden die Zahl damit um jeweils 0,1 Punkte nach oben geschraubt.
Für Deutschland erwartet der Fonds ein Wachstum von 1,7 Prozent in diesem Jahr und von 1,4 Prozent im kommenden Jahr, womit die Prognosen um 0,1 beziehungsweise 0,2 Punkte verbessert wurden.
Die Prognose aus Washington liegt damit etwas unter jener der fünf führenden deutschen Wirtschaftsinstitute. Diese rechnen für das laufende Jahr mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 1,9 Prozent. Für 2017 erwarten die Institute aber ebenso wie der IWF 1,4 Prozent.