Die beiden führenden heimischen Wirtschaftsforschungsinstitute Wifo und IHS prognostizieren für das kommende Jahr 2017 eine schwächere Entwicklung der österreichischen Wirtschaft. Beide Institute senken in den aktuellen Herbstprognosen ihre bisherige Wachstums-Prognose für 2017 um 0,2 Prozentpunkte auf 1,5 bzw. 1,3 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP). Die Wachstumsprognosen für heuer werden mit 1,7 (1,5) Prozent bestätigt.
Vor allem die durch den privaten Konsum und Industrie-Investitionen getragene Binnenkonjunktur sollte im kommenden Jahr wieder abflauen. Die Wirtschaftsforscher rechnen damit, dass die positiven Effekte der Steuerreform nachlassen und das Wachstum der privaten Konsumnachfrage von 1,5 Prozent in diesem Jahr auf 1,2 (IHS: 1,1) Prozent und das Wachstum der Industrie-Investitionen von 3,4 (2,7) Prozent auf 2,3 (2,2) Prozent zurückgeht.
Schwache internationale Konjunktur
Belastend auf die Entwicklung der österreichischen Wirtschaft wirken sich den Ökonomen des Wirtschaftsforschungsinstitutes (Wifo) und des Instituts für Höhere Studien (IHS) zufolge die Schwäche der internationalen Konjunktur und die hohen Unsicherheiten aus, die unter anderem durch den Brexit, protektionistische Tendenzen (Zölle, Grenzkontrollen, weniger Freihandel) und geopolitische Risiken hervorgerufen werden.
Getrieben durch die positiven Effekte der Steuerreform und das Bevölkerungswachstum nimmt der Konsum der privaten Haushalte heuer erstmals seit drei Jahren wieder zu und liefert mit 1,5 Prozent einen wichtigen Beitrag für das österreichische Wirtschaftswachstum. Im kommenden Jahr sollte die Konsumnachfrage allerdings mit dem Wegfall der Sondereffekte wieder etwas an Schwung verlieren. Auch die Industrie-Investitionen entwickeln sich heuer positiv, werden im kommenden Jahr aber ebenfalls nachlassen.
Die Schwäche der internationalen Konjunktur belastet die heimische Wirtschaft und führt zu einer geringeren Dynamik der Außenwirtschaft. Die österreichischen Exporte werden heuer nur um 2,8 Prozent steigen, nach 3,6 Prozent im Vorjahr. Auch 2017 bleibt die Exportentwicklung mit 2,8 Prozent verhalten. Das IHS erwartet um 3,3 Prozent mehr Exporte. Und auch die Importe sollten sich im kommenden Jahr abschwächen, nämlich von 4,5 bzw. 4,0 Prozent auf 3,0 bzw. 3,4 Prozent.
Geringe Inflation
Die sehr geringe Preissteigerung in diesem Jahr geht den Ökonomen zufolge primär auf die gefallenen Energiepreise zurück. Da der Basiseffekt der Rohölverbilligung in den nächsten Monaten auslaufen wird, wird die Inflationsrate wieder etwas anziehen: Laut Wifo von 1,0 auf 1,7 Prozent, laut IHS von 0,9 auf 1,6 Prozent. Ein spürbarer Preisdruck dürfte weder von den Energiepreisen noch von der heimischen Lohnkosten ausgehen, so das IHS.
Den Arbeitsmarkt bestimmen die verbesserte Konjunkturlage und das kräftig steigende Arbeitskräfteangebot. Die Zahl der unselbstständig aktiv Beschäftigten steigt heuer mit 1,4/1,5 Prozent stärker als 2015 und dürfte sich auch 2017 um 1,1 Prozent erhöhen. Das reicht jedoch nicht aus, um die Arbeitslosigkeit zu verringern. Insbesondere die Zahl der Arbeitskräfte aus den ost- und mitteleuropäischen EU-Mitgliedsländern steigt. Auch erhöht sich die Erwerbsneigung von Frauen und Älteren. Zusätzlich ist noch die starke Zuwanderung von Asylwerbern zu berücksichtigen, betont das IHS. Die Arbeitslosenquote wird laut den Prognosen von 9,1 Prozent im Vorjahr auf heuer 9,2 Prozent und auf 9,4 (9,5) Prozent im kommenden Jahr steigen (nationale Berechung).
Defizit steigt
Für heuer erwarten die Wirtschaftsforscher eine Zunahme der Finanzierungslücke der öffentlichen Haushalte. Das Defizit dürfte von 1,0 Prozent 2015 auf 1,6 (1,8) Prozent steigen. Dafür werden unter anderem die nicht vollständig gegenfinanzierte Steuerreform und die Zusatzausgaben im Zusammenhang mit der Flüchtlingsbetreuung von rund 2,25 Milliarden Euro verantwortlich gemacht.
Das größte Risiko betrifft laut IHS die wirtschaftlichen Folgen des Brexit, ein für das Wifo eher geringer Unsicherheitsfaktor. Für das Wifo ergibt sich dagegen das größte Risiko aus der weiteren Entwicklung in den Schwellenländern China, Brasilien und Russland, und vor allem in den USA, wo Präsidentenwahlen bevorstehen, deren Ausgang einen nicht abwägbaren Unsicherheitsfaktor bilden.
Das IHS sieht weitere Risikofaktoren in einer Ausweitung der Konflikte im Nahen Osten und in Nordafrika. IS-Terrorismus und Flüchtlingskrise könnten die Wirtschaftsstimmung weiter trüben und wohl auch zu einer Erhöhung der Energiepreise führen. Dazu kämen noch die polit-ökonomischen Probleme in der EU selbst. Des weiteren könnten durch die weltweit expansive Geldpolitik Blasen auf den Aktien- und Immobilienmärkten auftreten.