Gespannt blickte die Finanzwelt Mittwochabend in Richtung USA, wo die Chefin der US-Notenbank Federal Reserve (Fed), Janet Yellen, die Zinsentscheidung bekannt gab. Einige wenige hatten vermutet, dass die US-Notenbank vielleicht doch den Zinsschritt wagen könnte. Passiert ist aber das, womit Volkswirte und Finanzmärkte gerechnet hatten: Der Zinssatz bleibt unverändert in einem Zielkorridor von 0,25 bis 0,5 Prozent.

Sieben zu drei Stimmen

Die Entscheidung fiel mit sieben zu drei Stimmen. Und es ist damit die sechste Zinsentscheidung in Folge, bei der die US-Notenbank ihren Zinssatz unberührt lässt. Eine Entscheidung, die nicht alle US-Notenbanker im Vorfeld gutgeheißen hatten. John Williams beispielsweise, der Präsident der Fed von San Francisco, wollte die „Zinserhöhung lieber früher als später“. Und auch andere US-Währungshüter warnen vor einer „zu zögerlichen Zinspolitik“. Es bestehe die „Gefahr der Überhitzung der amerikanischen Wirtschaft“.

"Man will die Wahl abwarten"

„Die US-Notenbank hätte den Zinssatz aus ökonomischer Sicht schon jetzt erhöhen können. Man nimmt aber sicherlich auch politisch Rücksicht und will die US-Präsidentschaftswahl abwarten. Janet Yellen und ihre Leute haben auch Angst, den Vorwurf zu bekommen, mit einer Zinserhöhung vorzeitig den Aufschwung abgewürgt zu haben“, sagt Stefan Bruckbauer, Chefökonom der Bank Austria, zur Entscheidung der Fed.

Nach der Zinssitzung gab es gestern bereits klare Signale vom Ausschuss für eine Zinserhöhung im Dezember. „Diese wäre auch wichtig. Denn wenn die Fed erst nächstes Jahr erhöht und deshalb Stress bekommt, könnte sie vielleicht schneller erhöhen müssen als notwendig“, so Bruckbauer.

Positives Bild der US-Konjunktur

Die Notenbank zeichnet in ihrem Begleittext zum Zinsentscheid ein relativ positives Bild der US-Konjunktur. Der Arbeitsmarkt habe sich kontinuierlich verbessert und auch die Wirtschaftsaktivität ziehe an. Die Fed habe aber „vorerst“ gegen eine Erhöhung gestimmt, weil sie Fortschritte auf dem Weg zu Vollbeschäftigung und zu stabilen Preisen sehen wolle. Das erste Ziel sei praktisch erreicht. Doch bei der Inflationsrate sei die Fed noch immer ein gutes Stück von der angestrebten Teuerungsrate von zwei Prozent entfernt.

"Keine großen Auswirkungen auf Europa"

Auf Europa werde der aktuelle Zinsentscheid der US-Notenbank „nicht viel Auswirkung haben und keine große Bewegung an den Märkten auslösen“, glaubt Bruckbauer.

Und wie sieht es mit der Zinspolitik der Europäischen Zentralbank aus? Sie wird den Zinssatz aus Sicht von Raiffeisen-Chefanalyst Peter Brezinschek erst ab Mitte 2018 erhöhen und damit den bei null liegenden Leitzins anheben. Erst ab 2019 werde es wieder positive Realzinsen geben, so Brezinschek.