Nachdem sich am Mittwoch Vizekanzler Reinhold Mitterlehner für einen Verhandlungsstopp bei TTIP und einen Neubeginn nach den US-Wahlen ausgesprochen hatte, beginnt in der ÖVP und in ÖVP-nahen Interessensvertretungen das große Kräftemessen.
Im ORF-Radio sprach sich nun etwa Industriellenvereinigung-Generalsekretär Christoph Neumayer gegen einen Verhandlungsstopp zu TTIP aus. Fairer freier Handel sei eine "Riesenchance für Österreich". Ein Wirtschaftsminister sollte immer zuallererst den Standort, die Unternehmer und die Arbeitnehmer im Fokus haben, übte er indirekt Kritik an Mitterlehner.
Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl betonte wiederum, der Zugang zum amerikanischen Markt sei ungeheuer wichtig, die Amerikaner seien Österreichs zweitwichtigster Handelspartner nach Deutschland. Aber das Freihandelsabkommen "muss ein faires Abkommen sein".
Badelt: "Grundsätzlich positive Effekte"
Auch heimische Wirtschaftsforscher äußern sich positiv zu TTIP. Etwa der mit heutigem Tag neue Wifo-Chef Christoph Badelt: "Es wird den Freihandel erleichtern und grundsätzlich positive Effekte haben, aber die Sorgen, die jetzt immer wieder in den Vordergrund gedrängt werden, haben natürlich einen wahren Kern".
Man solle aber nicht die Flinte ins Korn werfen, sondern eine klare Verhandlungsposition der Europäer formulieren. Der nun geforderte Verhandlungsstopp bis nach den US-Wahlen sei offenbar ein Versuch, die Situation zu entkrampfen. Wenn man das in der Diktion tue, "wir wollen das eigentlich eh nicht mehr", löse man in der europäischen Debatte die Hoffnung aus, das Ganze sei jetzt gestorben, kritisierter er.
Indes hat sich Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) skeptisch zum bereits ausverhandelten Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada (CETA) geäußert und Verbesserungen gefordert. Es gebe hier viele ähnliche Schwachpunkte wie bei TTIP, sagte Kern. "Das wird der nächste Konflikt innerhalb der EU sein, den Österreich auslöst", sagte Kern.
Und: "Diese Freihandelsabkommen bringen unter dem Deckmantel des Freihandels in Wahrheit eine massive Machtverschiebung zugunsten global agierender Konzerne und zulasten der demokratischen Mitbestimmung, der demokratischen Politik, das ist ein grundsätzlicher Webfehler".