Bei den Verhandlungen zwischen Volkswagen und zwei Lieferanten gibt es auch nach 20 Stunden noch keine Übereinkunft. "Es gibt noch ein paar Detailpunkte, an denen es hakt", sagte der Sprecher der Prevent-Gruppe Dienstagfrüh. Er bezeichnete die Chancen für eine Einigung mit 50:50.

Beide Seiten verhandeln seit Montagnachmittag fast ununterbrochen über eine gütliche Lösung in dem Streit über ausgesetzte Teile-Lieferungen. Ein VW-Sprecher sagte, die Verhandlungen dauern an. Eine Person aus Verhandlungskreisen sprach von einer positiven Entwicklung der Gespräche.

Die Gespräche - laut ARD-"Tagesschau" in einem Wolfsburger Hotel - verliefen bisher "konstruktiv und vielversprechend", sagte eine mit der Angelegenheit vertraute Person am Montagabend der Deutschen Presse-Agentur. Es sei aber zu früh, über Ergebnisse zu sprechen.

Sprecher von VW sowie der beteiligten Zulieferer wollten sich zunächst nicht äußern.

Bei VW stehen angesichts eines Lieferstopps von zwei wichtigen Teileherstellern viele Bänder still. Die Zulieferer ES Automobilguss und Car Trim, die zur Unternehmensgruppe Prevent gehören, beliefern VW derzeit nicht mit benötigten Getriebeteilen und Sitzbezügen. Zwischen den Firmen und VW tobt ein Streit um die Kündigung von Aufträgen. Die genauen Hintergründe sind unklar. Was wir über den Konflikt wissen - und was nicht. Ein Überblick.

WAS WIR WISSEN:

- Weil zwei Zuliefererfirmen wichtige Teile nicht liefern, ruht bei Volkswagen die Produktion mancher Modelle. Betroffen sind nach Konzernangaben mehrere VW-Werke - alle voran das Stammwerk Wolfsburg mit der gestoppten Produktion des wichtigsten Modells Golf. Für insgesamt 27.700 Mitarbeiter seien "Flexibilisierungsmaßnahmen bis hin zu Kurzarbeit" ergriffen worden.

- Bei den Zulieferern handelt es sich um die sächsischen Firmen ES Automobilguss und Car Trim. ES stellt Getriebeteile her, Car Trim Sitzbezüge. Sie gehören zur Prevent-Gruppe.

- VW ist bei den Komponenten, die nun nicht mehr geliefert werden, offensichtlich von den Zulieferern abhängig - vor allem bei dem wichtigen Getriebeteil. Nach dpa-Informationen hat sich VW bei dem Teil für das Erfolgsmodell Golf in weiten Teilen auf nur einen Zulieferer verlassen. Das Prinzip ist in der Branche bekannt als "Single Sourcing" (Einzelquellenbeschaffung).

- Volkswagen hat vor Gericht bisher Erfolge errungen. Das Landgericht Braunschweig erließ einstweilige Verfügungen, welche die Lieferanten zur Wiederaufnahme der Belieferung verpflichten. Im Fall des Getriebe-Lieferanten findet am 31. August eine Verhandlung über einen Widerspruch der Firma statt

- Trotz der ersten Erfolge könnte VW allerdings mit den einstweiligen Verfügungen in der Hand frühestens Ende dieser Woche seine Ansprüche per Gerichtsvollzieher durchsetzen und die Teile holen lassen. Vorher steht nämlich noch eine finale Entscheidung des Gerichts aus, das aktuell auf eine Stellungnahme der VW-Gegenseite wartet.

- Für Kunden kann es laut VW zu Verzögerungen bei der Auslieferung ihrer bestellten Fahrzeuge kommen - Einzelheiten sind nicht bekannt.

WAS WIR NICHT WISSEN:

- Wie lange der Streit noch andauert, ist nicht vorauszusagen. Es laufen Verhandlungen über eine gütliche Einigung - Ausgang offen.

- Die genauen Ursachen des Streits sind unklar. Die Absage eines Zukunftsprojektes mit Car Trim soll zumindest eine Wurzel der Querelen sein. Nach dpa-Informationen war VW dabei prinzipiell zu einem finanziellen Ausgleich bereit. Aber die Forderungen des Zulieferers sollen unrealistisch gewesen sein. Beide Parteien wollen sich offiziell nicht äußern. Warum die Lage eskalierte, ist unklar.

- Die Zulieferer argumentieren, VW zwinge sie zu dem Lieferstopp, da der Autobauer "frist- und grundlos" Aufträge gekündigt habe und einen finanziellen Ausgleich dafür ablehne. Es geht dabei um einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag. Der Lieferstopp geschehe zum Selbstschutz und im Kampf um die Zukunft der eigenen Mitarbeiter.

- Ob hinter dem Konflikt eigentlich ein Preiskampf steht, ist unklar - darüber wird aber spekuliert. Wegen der immensen Belastungen durch den Abgasskandal muss der Konzern einen Sparkurs vor allem bei der renditeschwachen Konzern-Kernmarke VW verschärfen.

- Unklar ist die Höhe des Schadens für Volkswagen durch den Produktionsstopp. Dies hängt wesentlich davon ab, wie lange der Konflikt noch andauert. Welche mittel- und langfristigen Folgen der Streit für die Komponentenstrategie bei VW hat, ist offen.