Wenn Toyota an diesem Donnerstag seine Quartalsbilanz vorlegt, dürfte sich erneut zeigen, was auch die japanischen Konkurrenten Nissan und Honda schon spürbar gebremst hat: Der stärkere Yen sorgt dafür, dass die Gewinne der japanischen Hersteller nicht mehr so stark sprudeln wie zuletzt. Bei Toyota kommt noch eine Absatzschwäche hinzu: Volkswagen könnte sich daher 2016 trotz Dieselskandals die Krone des weltgrößten Autobauers aufsetzen.
Mehr als zwei Jahre lang hat Japans Automobilindustrie kräftig profitiert. Während die japanische Binnenkonjunktur weiter dahinsiecht, griffen Autofahrer aus anderen Ländern dank der günstigen Wechselkurse beherzt bei Toyota und Co zu. Damit ist es jetzt vorbei, der Yen hat deutlich angezogen. Bei Renault-Partner Nissan sorgte das im ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahres für einen Gewinneinbruch um ein Zehntel.
VW hat Toyota sogar überholt
Dabei ist Nissan noch vergleichsweise gering vom Yen-Kurs betroffen, nur rund ein Sechstel seiner 5,2 Millionen Autos baute der Konzern im vergangenen Jahr in Japan. Bei Toyota dagegen entfallen rund 40 Prozent der globalen Produktion von 10 Millionen Autos auf die Heimat. Entsprechend abhängig ist der Volkswagen-Rivale von einem schwachen Yen.
VW hat Toyota beim Absatz im ersten Halbjahr bereits auf den zweiten Platz verwiesen. Und die Chancen stehen nach Ansicht von Branchenbeobachtern für VW gut, Toyota auch am Ende des Jahres vom Thron zu stoßen.
Der japanische Marktführer, zu dem auch der Kleinwagenbauer Daihatsu Motor und der Nutzwagenhersteller Hino Motors gehören, verkaufte zwischen Jänner und Juni global 4,99 Millionen Autos, ein Rückgang im Jahresvergleich von 0,6 Prozent. VW hatte trotz Abgas-Affäre 5,12 Millionen verkauft und damit 1,5 Prozent mehr als vor einem Jahr.
Einige Problemfelder
Das Minus bei Toyota hat mehrere Gründe. Zum einen hielten die Japaner auch in diesem Jahr mehrfach die Produktionsstraßen in einigen Werken an. Erdbeben sorgten für Produktionsausfälle, außerdem machten dem Konzern Probleme bei Zulieferbetrieben zu schaffen.
Im wichtigen US-Markt, auf dem VW unter anderem wegen des Diesel-Verkaufsstopps arg an Schwung verlor, kommt den Japanern in die Quere, was andere bisher jubeln ließ: der niedrige Benzinpreis.
Die Verkäufe des Vorzeige-Hybridmodells Prius - das drittbeliebteste Toyota-Modell in den USA - brachen in den ersten sieben Monaten um mehr als ein Viertel ein. Auch die beiden Verkaufsschlager Corolla und Camry gaben nach - sie sind nicht gerade die leistungsstarken Spritschlucker, auf die es die US-Käufer besonders abgesehen haben.
"Wir versuchen, Autos in einem Truck-Markt zu verkaufen", sagte Toyota-Vertriebsmanager Paul Holdridge zu dem Dilemma schon zu den schwachen Absatzzahlen aus den ersten sechs Monaten.
Keine schlaflosen Nächte
Den Japanern scheint der mögliche Wechsel an der Spitze der Verkaufs-Weltrangliste keine schlaflosen Nächte zu bereiten. Während bei VW in den vergangenen Jahren insbesondere in China eine Werkseröffnung die nächste jagte, hatte sich Toyota bei neuen Fabriken lange eine Wachstumspause verordnet. Bei der letzten großen Expansionsrunde hatte die Qualität in der Produktion gelitten und zu massenhaften Rückrufen geführt, die schwer am Image kratzten. Erst im Juni rief das Unternehmen mehr als 1,4 Millionen Fahrzeuge weltweit in die Werkstätten wegen möglicher Airbag-Probleme.
Die Auslastung der Werke liegt bei Toyota weltweit inzwischen bei über 90 Prozent der Kapazität. Nach jahrelanger Pause soll in Mexiko bis 2019 eine neue Fabrik für 200.000 Autos im Jahr entstehen, in China wird ein Werk bis Ende 2017 erweitert.
Die neuen Fabriken will das Unternehmen deutlich effizienter und flexibler gestalten. Die Japaner wollen ähnlich wie VW stärker auf baugleiche Komponenten setzen - dadurch sollen die Entwicklungskosten um mindestens ein Fünftel sinken.
Bei Rendite an der Spitze
Noch haben die Japaner aber bei der Rendite die Nase vorn. Im vergangenen Jahr lag die Konzern-Marge im Tagesgeschäft bei 10 Prozent - von 100 Yen Umsatz blieben 10 Yen als operativer Gewinn übrig. Toyota warnte aber bereits, die Marke werde im laufenden Geschäftsjahr (Ende März) voraussichtlich auf rund 6,4 Prozent absinken. Beim Volkswagen-Konzern ist vor allem die Kernmarke VW ertragsschwach. Konzernweit stellt Volkswagen 2016 eine Rendite von bis zu 6 Prozent in Aussicht - allerdings ohne die Belastungen aus der Diesel-Krise.