Spätnachts, wenn alle Börsen geschlossen haben, wird die europäische Bankenaufsicht (EBA) heute die Ergebnisse des jüngsten Bankenstresstests veröffentlichen.
Die Ausgangssituation. 51 Banken aus 14 EU-Ländern und aus Norwegen nehmen an dem Stresstest teil. Sie stehen für rund 70 Prozent der Bilanzsumme aller Banken in der Europäischen Union. Parallel dazu untersuchte die Europäische Zentralbank (EZB) in einer abgespeckten Variante 56 weitere Kreditinstitute aus der Euro-Zone. Veröffentlicht wird aber nur der EBA-Teil.
Die Änderungen.Vor zwei Jahren hatte allein die Europäische Zentralbank (EZB) 130 Institute aus der Euro-Zone unter die Lupe genommen, dazu kamen die größten Banken aus Nicht-Euro-Ländern. Zum ersten Mal gibt es keine einheitliche Schwelle, die darüber entscheidet, ob eine Bank den Stresstest bestanden hat oder nicht. Das heißt, dass es - anders als 2014 - keine „Durchfaller“ gibt. Die Ergebnisse sollen - so der Plan - vielmehr den Bankenaufsehern dabei helfen, die Kapitalquoten festzulegen, die sie künftig von den einzelnen Banken fordern. Diese können sich je nach Geschäftsmodell und Risiken in den Bilanzen deutlich unterscheiden. 2014 waren von 123 Banken 24 durchgefallen.
Die Sorgenkinder. Die Diskussion um die Stabilität italienischer Banken und die Folgen des Brexits haben den Stresstest zuletzt stärker in den Fokus gerückt. Politiker erwarten sich von ihm Erkenntnisse, wie schlimm es wirklich steht um die Geldhäuser in Italien. Fünf italienische Banken wurden getestet, darunter das große Sorgenkind Monte dei Paschi. Im Hintergrund wird seit Wochen an Lösungen gearbeitet, wie man die Bank von den faulen Krediten entlasten kann. Kritiker befürchten, dass ein schlechtes Abschneiden italienischer Banken als Rechtfertigung herangezogen werden könnte, doch wieder Steuergeld zur Stabilisierung einzusetzen. Teilnehmer aus Österreich. Aus Österreich sind die Erste Group und die Raiffeisen-Landesbanken-Holding dabei. RZB-Generaldirektor Walter Rothensteiner rechnete im Vorfeld nur mit einem mäßigen Abschneiden seines Institutes. „Die Ergebnisse können nicht sonderlich gut ausfallen“, so Rothensteiner im „Kurier“. Darum arbeite man an der Verbesserung der Kapitalquote. Alle Maßnahmen, die Raiffeisen heuer bereits gesetzt habe, sind beim Stresstest noch nicht inkludiert, weil die Geschäftszahlen von 2015 herangezogen werden.
Das Stressszenario. Die Banken müssen unter Beweis stellen, dass sie eine neue Finanzkrise oder eine Wirtschaftskrise überstehen würden, ohne dass sie zu viel von ihrem Kapitalpolster verlieren. Dazu wird in dem Stresstest eine schwere, drei Jahre anhaltende Rezession simuliert, die ähnlich stark ausfällt wie während der Finanzkrise von 2008 bis 2010. Die Börsenkurse stürzen ab, der Euro und die Immobilienpreise in der EU brechen ein, die Zinsen in den USA und anderswo außerhalb der EU steigen plötzlich an.
Kritik. Bei früheren Tests überholte die Realität die Szenarien mitunter sehr schnell. Hauptkritikpunkt ist diesmal, dass zwar - das derzeit unrealistisch erscheinende - Szenario steigender Leitzinsen einbezogen wurde, nicht aber die Folgen weiter sinkender Zinsen. Die Folgen einer lang anhaltenden Niedrigzinsphase kommen darin nicht vor, obwohl die niedrigen Gewinnspannen von Banken und Versicherungen von Finanzmarktexperten als eines der größten Risiken für das EU-weite Finanzsystem angesehen werden. Auch die Strafzinsen von aktuell minus 0,4 Prozent, die Banken für EZB-Einlagen entrichten müssen, wurden nicht berücksichtigt.